Derzeit wird im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die siebte Novelle des Schulgesetzes abschließend beraten. Die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert mit zwei Anträgen dringend notwendige Änderungen, denn in der vorangegangenen Anhörung zur Novelle wurde deutlich: Die steigenden Förderbedarfe an allen Schulen erfordern konsequente Schritte hin zu einem inklusiven Schulsystem. Dies deckt sich darüber hinaus mit den Ergebnissen des Arbeitskreises „Inklusive Bildung“ zum „Tag der Menschen mit Behinderungen“.
Um Inklusion in der Bildung nachhaltig voranzubringen, fordert die bündnisgrünen Landtagsfraktion einen landesweiten Inklusionsgipfel, bei dem das Bildungs- und das Sozialministerium gemeinsam mit Kommunen, Trägern, Expert*innen und dem Landtag eine umsetzbare Strategie entwickeln. Diese Forderung ist Kern des eingebrachten Entschließungsantrags zu den beiden Tagesordnungspunkten.
„Rot-Rot muss sich im Sinne der Kinder zusammenraufen“
Jutta Wegner, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, bekräftigt die Notwendigkeit:
„Wir brauchen dringend einen Inklusionsgipfel. Ein Inklusionsgipfel bietet die Gelegenheit, einen Aktionsplan zu erarbeiten, um allen Kindern faire Bildungschancen zu ermöglichen. Das wurde in der Anhörung zum Schulgesetz überdeutlich. Doch bislang schieben sich Sozial- und Bildungsministerium gegenseitig die Verantwortung zu. Dabei ist klar: Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Akteur*innen zusammenarbeiten.
Ein beispielhafter Blick in die Schulen zeigt das Problem: An der IGS ,Walter Karbe’ in Neustrelitz haben ein Fünftel der 485 Schüler*innen diagnostizierte sonderpädagogische und pädagogische Förderbedarfe – sei es in den Bereichen Hören, körperliche und motorische Entwicklung, Lernen, Sprache oder Rechenschwäche. Und dieses Beispiel ist kein Einzelfall.“
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung verdeutlicht die Entwicklung: Die Zahl der diagnostizierten Kinder mit Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung ist deutschlandweit von 55.000 im Jahr 2008 auf 105.000 im Jahr 2022 gestiegen. Gleichzeitig hat sich die Förderquote in diesem Bereich nur minimal von 0,7 auf 1,3 Prozent erhöht.
Wegner weiter: „Die Bedarfe der Schulen sind klar: maximale Klassenstärken festlegen, mehr und größere Räume schaffen, die Arbeitszeit der Fachlehrkräfte anpassen und multiprofessionelle Teams etablieren. Rot-Rot muss sich endlich im Sinne der Kinder zusammenraufen und konsequente Schritte in Richtung eines inklusiven Schulsystems gehen.“
„Menschen mit Behinderung fühlen sich nicht ausreichend gehört“
Auch Dr. Harald Terpe, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion, unterstreicht die Dringlichkeit: „Es kann nicht sein, dass wir bei einer derart hohen Zahl an Schulabbrecher*innen und einem gleichzeitig wachsenden Fachkräftebedarf das vorhandene Potenzial in den Kindern nicht voll ausschöpfen. Der ,Tag der Menschen mit Behinderungen’ hat gezeigt: Die Bedarfe sind da, doch die Betroffenen fühlen sich vom Land nicht ausreichend gehört.“
Er betont, dass ein Inklusionsgipfel der zentrale Hebel ist, um das Bildungssystem gerechter zu gestalten: „Nur wenn Bildungs- und Sozialministerium gemeinsam mit Kommunen, Trägern, Expert*innen und dem Landtag eine gemeinsame Strategie entwickeln, kann Inklusion effektiv umgesetzt werden. Zudem muss dies mit der ganztägigen Betreuung und dem ab 2026/2027 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verzahnt werden.“
Hinweis:
Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kindertagesförderung (7. Ausschuss) (Drucksache 8/4652) und zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes (Drucksache 8/4261).

sozialpolitischer Sprecher

bildungspolitische Sprecherin