Bündnisgrüner Antrag zur Wasserstoff-Produktion // Damm: „Klimaschaden durch Blauen Wasserstoff ist vergleichbar mit dem von Erdgas“

In der heutigen Landtagssitzung wird der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Ausstieg aus der Produktion und Nutzung von Blauem Wasserstoff bis 2035 sicherstellen – Planungssicherheit für Grünen Wasserstoff schaffen – Entschädigungszahlungen vermeiden“ beraten.

Im Zuge der Energiewende setzt die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern verstärkt auf sogenannten Blauen Wasserstoff. Dieser wird aus fossilem Erdgas hergestellt; durch CO2-Abscheidung soll die Klimabilanz beim Prozess verbessert werden. Die Gaskonzerne VNG und Equinor aus Deutschland und Norwegen planen zu diesem Zweck eine Wasserstoff-Anlage in Rostock. Hierbei soll im Zuge der Dampfreformierung Erdgas, welches zum Großteil aus Methan besteht, in Kohlendioxid und Wasserstoff aufgespalten werden. Damit das klimaschädliche Kohlendioxid nicht in die Atmosphäre entweicht, soll dieses per Schiff abtransportiert und in unterirdische Kohlendioxid-Endlager verpresst werden.

Blauer Wasserstoff ist unter Expert*innen umstritten, da er trotz der unterirdischen Einlagerung des entstehenden Kohlendioxids alles andere als klimaneutral ist. Hauptverantwortlich für die klimaschädliche Wirkung von Blauem Wasserstoff ist neben den prozessbedingten Emissionen bei der Produktion der sogenannte Methan-Schlupf. Dieser bezeichnet Leckagen des Ausgangsstoffs Erdgas sowohl während der Förderung als auch auf dem Transportweg. Bei der Nutzung von Erdgas in Gaskraftwerken macht der Methan-Schlupf dadurch etwa die Hälfte der Klimawirkung aus. Bei der alternativen Produktion von Blauem Wasserstoff aus Erdgas fallen diese Methan-Emissionen in selber Höhe an. Zusammen sorgen prozessbedingte Emissionen und Methan-Schlupf daher dafür, dass die Nutzung von Blauem Wasserstoff genau so viele Treibhausgasemissionen hervorruft wie Erdgas.

Mogelpackung Blauer Wasserstoff

Hannes Damm, klima- und energiepolitischer Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, sieht die klimaschädliche Wirkung von Blauem Wasserstoff und den erhöhten Erdgasbedarf kritisch: „Der Klimaschaden, den Blauer Wasserstoff verursacht, ist vergleichbar mit dem von Erdgas beziehungsweise sogar noch größer. Aus Klimaschutzperspektive sprechen wir hier von einer Mogelpackung. Daher kann Blauer Wasserstoff lediglich als vorübergehende Notlösung im Zuge der Energiewende betrachtet werden. Dennoch setzt die Landesregierung ihre Priorität bei der klimaschädlichen Technologie. So steht nach Aussagen des Gaskonzerns VNG für die Rostocker Anlage zur Produktion von Blauem Wasserstoff eine Investitionssumme von einer Milliarde Euro im Raum. Bei Infrastruktur und Produktionsanlagen für Grünen Wasserstoff rechnet die Landesregierung hingegen nur mit Investitionen von 560 Millionen Euro bis zum Jahr 2028.“

Nicht allein aus ökologischen Gründen solle sich die Landesregierung auf sauberen Grünen Wasserstoff, der mittels Elektrolyse von Strom aus Wind und Sonne hergestellt wird, fokussieren, so Damm: „Blauer Wasserstoff ist eine endliche und veraltete Technologie. Zukunftsfähige, sichere Arbeitsplätze und technologisches Entwicklungspotential bietet stattdessen Grüner Wasserstoff. Mecklenburg-Vorpommern muss sich zu einem bedeutenden Standort für Wasserstoff-Technologie und -Produktion entwickeln. Die Hauptvoraussetzung hierfür ist jedoch der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, um genügend Strom für die geplanten Wasserstoff-Elektrolyseure vorzuhalten.“

Entschädigungszahlungen an Gaskonzerne vermeiden

Mit Blick auf die Laufzeiten der Produktionsanlagen von Blauem Wasserstoff sorgt sich Damm: „Wenn jetzt kein Enddatum für die Produktion von Blauem Wasserstoff festgelegt wird, können auf das Land Entschädigungsforderungen der Gaskonzerne zukommen, falls die Anlagen aus Gründen des Klimaschutzes gesetzlich stillgelegt werden müssen. Das konnten wir in der Vergangenheit bereits bei den Kohlekraftwerken beobachten. Daher fordern wir, dass die Landesregierung die Laufzeit von Produktionsanlagen für Blauen Wasserstoff von Beginn an bis zum 31. Dezember 2034 beschränkt.“


Hinweise:

Antrag „Ausstieg aus der Produktion und Nutzung von blauem Wasserstoff bis 2035 sicherstellen – Planungssicherheit für grünen Wasserstoff schaffen – Entschädigungszahlungen vermeiden“ (Drucksache 8/2722), 25. Oktober 2023

NDR-Bericht zu den Plänen von Equinor und VNG für eine Anlage zur Produktion von Blauem Wasserstoff in Rostock, 7. Juli 2022

Projektbeschreibung von VNG

Studie zur Klimawirkung von Methan-Schlupf durch Erdgas (Howarth, 2014)

Studie vom Umweltbundesamt zu Treibhausgasemissionen aus der Produktion von Wasserstoff, 30. November 2022


Hannes Damm MdL
Klima- und energiepolitischer Sprecher