Pegels Lösch-Affäre: E-Mails zu Nord Stream 2 und Klimastiftung offenbar alle gelöscht

Die Landtagsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP kündigen Beweisbeschlüsse zu den Backup-Systemen der Landesserver an, um mögliche Sicherheitskopien des E-Mail-Postfachs von Minister Christian Pegel zu erhalten. Grund ist eine Stellungnahme des Ministers vom 5. Juli 2023, in der er mit Blick auf eine aktuelle Berichterstattung im „Business Insider“ einräumt, E-Mails aus seiner Zeit als Energieminister gelöscht zu haben. Betroffen davon sind anscheinend sämtliche E-Mails, die zum Themenkomplex Nord Stream 2 und Klimastiftung gehören.

Die bündnisgrüne Landtagsfraktion hatte Pegel bereits zuvor eine Frist bis zum 30. Juni 2023 gesetzt, um dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sämtliche relevanten E-Mails vorzulegen. Diese Frist ließ der Minister verstreichen. Auch der Beauftragte der Landesregierung für den Untersuchungsausschuss, Philipp Regge, konnte den Obleuten in der Ausschusssitzung am 7. Juli 2023 keine Auskunft zum Verbleib der E-Mails geben.

Hannes Damm, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist empört:
„Nachdem Minister Pegel das Parlament monatelang mit der Behauptung hinhielt, sämtliche relevanten E-Mails lägen dem Untersuchungsausschuss vor, gibt er nun zu, die E-Mails vor langer Zeit gelöscht zu haben. Er begründet dies allen Ernstes damit, er habe damals Strom und Speicherkapazitäten einsparen wollen. Die Ausflüchte des Ministers werden damit immer grotesker. Wir haben hier im Land längst keinen Fall mangelnder Transparenz mehr, sondern eine handfeste Lösch-Affäre!

Nach eigenen Angaben hat Pegel in seiner Zeit als Energieminister mehr als 100.000 E-Mails geschrieben oder erhalten. Keine einzige davon im Kontext von Nord Stream 2 will er für aktenrelevant erachtet haben? Andere Minister*innen und zahlreiche Ministeriumsbeschäftigte haben ihre dienstlichen E-Mail-Ordner längst an den Untersuchungsausschuss übergeben. Postfächer von Sachbearbeiter*innen umfassen teils tausende Seiten. Doch ausgerechnet der verantwortliche Minister glaubte angeblich, die Server entlasten und alles löschen zu müssen? Offensichtlich will Christian Pegel die Öffentlichkeit für dumm verkaufen.“

„Hier wird nichts vernichtet“, behauptete Christian Pegel noch vor einem Jahr

Im Mai 2022 hatte Christian Pegel in der 23. Landtagssitzung mit Blick auf die Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses verkündet: „Hier wird nichts vernichtet, es wird vorgelegt werden, es wird transparent gemacht werden.“ Die geäußerten Befürchtungen der Landtagsopposition, die Regierung könne relevante Daten zur Klimastiftung und zu Nord Stream 2 löschen, bezeichnete Pegel seinerzeit als „ehrabschneidend“ und erklärte: „So etwas findet derzeit nicht statt, so was hat auch in der Vergangenheit nicht stattgefunden.“

Sebastian Ehlers, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses und Obmann der CDU-Fraktion, führt weiter aus:
„Nicht alle E-Mails müssen Eingang in die Akten finden, Irrelevantes wird gelöscht – eigentlich ist das nicht zu beanstanden. Erstaunlich ist bloß, dass Herr Pegel E-Mails mit Bezug zu Nord Stream 2 und zur sogenannten Klimaschutzstiftung anscheinend für generell unwichtig hielt und deswegen großzügig löschte oder löschen ließ. Dass jemand mit einer solch eigenwilligen Art der Nachweisführung als Innenminister für Recht und Ordnung zuständig ist, finde ich einigermaßen erstaunlich.

Die Wahrheit ist wohl mal wieder eine andere. Die Wahrheit ist, dass potenziell belastendes Material nicht Eingang in Akten finden sollte. Die Geschichte, Herr Pegel habe E-Mails gelöscht, um die teuren Datenspeicher zu entlasten, ist genau so abenteuerlich wie die Geschichte, dass die Stiftungssatzung nur zufällig die Signatur einer Nord Stream 2-Kanzlei enthielt, geschrieben habe sie Herr Pegel am heimischen Rechner. Oder die Geschichte, dass Herr Pegel sich an Vorgänge rund um die Firma ROKAI nicht erinnere, gleichzeitig aber deren Arbeit politisch absegnete.

Ich gehe davon aus, dass sämtliche E-Mails beim DVZ gesichert werden. Zu klären wäre daher, ob sich die E-Mails theoretisch wiederherstellen lassen. Sollten auch die Backups gelöscht worden sein und dies möglicherweise vorfristig, bekommt der Vorgang noch einmal eine neue Dimension.“

René Domke, Obmann der FDP-Fraktion im Untersuchungsausschuss, ergänzt:
„Man muss sich nun langsam mal ehrlich machen seitens der Landesregierung. Waren die E-Mails von Minister Pegel jetzt aktenrelevant oder nicht? Offenbar sind diese E-Mails in anderen Ministerien und der Staatskanzlei ja anders eingestuft und eben nicht gelöscht worden. Das Argument der einheitlichen Aktenführungsrichtlinie schien dann ja nicht zu greifen und der Speicherplatz für E-Mails wird ja auch nicht überall unterschiedlich gewesen sein. Was ich jetzt erwarte, ist eine Bewertung der Löschungen und eine Angabe der Landesregierung darüber, welche E-Mails des Ministers Pegel Eingang in die E-Akten des Ministeriums fanden und wenn nicht, warum nicht.“


Hinweise:

Klimastiftung MV: Hat Manuela Schwesigs Innenminister vorsätzlich E-Mails über Nord Stream 2 gelöscht?„, Business Insider vom 6. Juli 2023

Pressemitteilung Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung: „Christian Pegel: ,E-Mail-Accounts sind keine Veraktungssysteme – keine Mails zurückgehalten‘“ vom 5. Juli 2023


Hannes Damm MdL
Obmann Parlamentarischer Untersuchungsausschuss „Klimastiftung/Nord Stream 2“