Rassistischer Übergriff von Grevesmühlen // Oehlrich: „Betroffene rechter Gewalttaten besser schützen“

Der rassistische Übergriff von Grevesmühlen am 14. Juni und die Kommunikation der Polizei zu dem Vorfall waren heute Thema im Innenausschuss. Die Polizei hatte in einer Erstmeldung mitgeteilt, dem jüngeren der beiden Mädchen sei in das Gesicht getreten worden. Später hatte dann ein Polizeisprecher mitgeteilt, das Mädchen habe keine Verletzungen erlitten, die auf die in der Erstmeldung geschilderte Tathandlung hindeuteten. Daraufhin hatten Medien fälschlicherweise getitelt, dass es doch keinen Tritt gegeben haben soll. Gestern hat dann die Staatsanwaltschaft klargestellt, die Achtjährige hätte ihrem Vater berichtet, dass sie von einem Jungen aus dem Umfeld der vor Ort befindlichen Gruppe absichtlich an der Weiterfahrt mit ihrem Roller gehindert und dabei mit dem Fuß des Jungen am Kopf getroffen worden sei.

Dazu sagt Constanze Oehlrich, Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Betroffene rechter Gewalttaten müssen besser geschützt werden. Die Gefahr einer sekundären Viktimisierung durch Polizei und Berichterstattung muss endlich ernst genommen werden.

Betroffene rechter Gewalt machen viel zu oft die Erfahrung, nicht ernst genommen und nicht als Betroffene einer Straftat anerkannt zu werden. Dem müssen wir auf allen Ebenen entgegenwirken. In der polizeilichen Ausbildung müssen die Gefahren einer sekundären Viktimisierung durch behördliche Fehlreaktionen nach einer Gewalttat und mögliche Gegenstrategien deutlich mehr Raum einnehmen.

Betroffene rechter Gewalt brauchen unser Gehör, unsere Anerkennung, unseren Schutz. Im Fall des rassistischen Übergriffs von Grevesmühlen haben leider auch die Pressearbeit der Landespolizei und die mediale Berichterstattung den falschen Eindruck mitproduziert, der Vorfall ‚sei am Ende gar nicht so schlimm gewesen‘. Dieser Eindruck ist erst durch die gestrige Darstellung der Staatsanwaltschaft wieder korrigiert worden.

Die Pressearbeit zu dem Vorfall in Grevesmühlen muss von allen Beteiligten genau analysiert und aufgearbeitet werden. Zudem müssen Schlüsse für die zukünftige Pressearbeit in vergleichbaren Fällen daraus gezogen werden. Doch dazu hat das Innenministerium heute im Ausschuss keinerlei Bereitschaft gezeigt.“


Hintergrund:

Zu dem Phänomen der sekundären Viktimisierung von Betroffenen im Rahmen von Ermittlungs- und Strafverfahren wurde von Forscher*innen vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) 2022 eine Studie durchgeführt. Die sekundäre Viktimisierung sei für die Opfer häufig belastender als die eigentliche Tat, weil die Erwartung, dass einem geglaubt wird und Hilfe zu bekommen, nicht erfüllt werde.


Zum Forschungsbericht:

Sekundäre Viktimisierung von Betroffenen rechter, rassistischer, antisemitischer und sexualisierter Gewalt – Fokus: Polizei und Justiz


Constanze Oehlrich MdL
Fraktionsvorsitzende und
innenpolitische Sprecherin