Hannes Damm, energiepolitischer Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, hat im September 2023 erneut eine Kleine Anfrage zum aktuellen Genehmigungsstand für Photovoltaik-Freiflächen mittels des sogenannten Zielabweichungsverfahrens gestellt.
Anhand der Zahlen, die der entsprechenden Antwort der Landesregierung entnommen werden können, wird deutlich, dass Flächeneigentümer*innen, Gemeinden und Erneuerbarenwirtschaft weiterhin enorme Ausbauabsichten bei Freiflächen-Photovoltaik verfolgen. So wurden seit Mitte des Jahres 2021 über das Zielabweichungsverfahren Anträge zur Errichtung von PV für eine Gesamtfläche von mehr als 12.000 Hektar beantragt. Bis heute wurden davon jedoch nur rund 2.000 Hektar genehmigt. Sämtliche bisher bearbeiteten Anträge waren entsprechend des Kriterienkatalogs der Landesregierung genehmigungsfähig, kein einziger wurde abgelehnt. Alle weiteren Anträge stecken mittlerweile bis zu zwei Jahre in den Landesministerien fest.
„Gemeinden, Flächeneigentümer*innen und Wirtschaft werden ausgebremst“
Hannes Damm fordert die Landesregierung auf, die politisch motivierte Blockadehaltung aufzugeben: „Gemeinden, Flächeneigentümer*innen und Wirtschaft wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen. Doch die Landesregierung bremst sie aus, versteckt sich hinter Bürokratie und traut sich nicht, bei der Energiewende einen Gang hochzuschalten.
Dabei ist der schleppende Ausbau der Photovoltaik weder kompatibel mit den Klimaschutzzielen noch den Energiewendezielen des Landes. Gerade die Ankündigung der Landesregierung, MV zu einem ,Wasserstoff-Land‘ zu entwickeln, könnte dadurch schon im Ansatz stecken bleiben. Denn für grünen, klimafreundlichen Wasserstoff werden enorme Mengen an erneuerbarem Strom benötigt. Der Genehmigungsprozess beim Zielabweichungsverfahren muss daher umgehend beschleunigt und zugleich die Obergrenze für entsprechende Freiflächen-Photovoltaik von bislang 5.000 Hektar auf 23.000 Hektar angehoben werden. Im gleichen Maße muss auch der Ausbau von Windkraftanlagen und den Stromnetzen vorangetrieben werden. Sonst droht das Szenario, dass neue Anlagen keinen Netzanschluss erhalten und dadurch nicht in Betrieb genommen werden können.“
Schleppender Ausbau der Erneuerbaren gefährdet Wasserstoff-Strategie des Landes
Auch die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Beate Schlupp verstärkt die Annahme, dass durch den verzögerten Ausbau der Erneuerbaren Energien und der daraus resultierenden Knappheit an grünem Strom der geplante Wasserstoff-Ausbau bedroht ist. So geht daraus hervor, dass durch sogenannte Redispatch-Maßnahmen im Jahr 2022 etwa 500 Gigawattstunden Strom aus Wind, Solar und Biomasse im Land abgeregelt wurden. Aufgrund von Netzengpässen konnte dieser Überschuss-Strom nicht aus MV abtransportiert werden – er stünde stattdessen potentiell für die Produktion von grünem Wasserstoff zur Verfügung.
Hannes Damm, der auch Physiker ist, rechnet vor: „Ein einzelner Wasserstoff-Elektrolyseur, wie er zum Beispiel in Lubmin mit einer Leistung von mehreren Gigawatt geplant ist, könnte mit dieser vergleichsweise geringen Menge an Überschuss-Strom rein rechnerisch jedoch höchstens zehn Tage im Jahr betrieben werden. Weitere Elektrolyseure, wie sie unter anderem in Rostock oder Laage entstehen sollen, erhöhen den Strombedarf zusätzlich. Weiter ansteigen wird der Strombedarf aus Windkraft und Photovoltaik auch durch die Stilllegung der fossilen Kraftwerke bis 2040 und die Elektrifizierung von Mobilität und Wärme. Damit wir in MV bei der Produktion von Wasserstoff wirklich eine Vorreiterrolle einnehmen können, brauchen wir dringend mehr Erneuerbare Energien, darunter auch Freiflächen-Photovoltaik! Doch mit ihrer aktuellen Verzögerungspolitik stellt die Landesregierung ihre selbst gesteckten Ziele infrage und blockiert die Wertschöpfungspotenziale unseres Landes.“
Hinweise:
Die Kleinen Anfragen des Abgeordneten Hannes Damm (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) inklusive der Antworten der Landesregierung:
„Entwicklung Zielabweichungsverfahren Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen“ (Drucksache 8/2561) vom 9. Oktober 2023
„Zielabweichungsverfahren Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen“ (Drucksache 8/1592) vom 29. Dezember 2022
„Bearbeitung von Anträgen für Zielabweichungsverfahren zur Errichtung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen“ (Drucksache 8/708) vom 8. Juli 2022
Antrag der bündnisgrünen Landtagsfraktion „Zielabweichungsverfahren für Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen vereinfachen und Flächenkontingent erhöhen“ (Drucksache 8/1259) vom 24. August 2022
Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Schlupp (CDU-Fraktion) „Wasserstoffproduktion in Mecklenburg-Vorpommern“ inklusive der Antworten der Landesregierung (Drucksache 8/2567) vom 12. Oktober 2023
„Zu viel Photovoltaikanlagen für den Bedarf in MV?„, Nordkurier vom 12. Oktober 2023