Anstatt offene Fragen zu beantworten, hat die heutige Vernehmung des Sachgebietsleiters für die Genehmigung der Pipeline neue Verdachtsmomente dafür geliefert, dass die Landesregierung nie ein ergebnisoffenes Genehmigungsverfahren zulassen wollte.
Unmittelbar vor der Genehmigung des Bauprojekts riet die eigens vom Land beauftragte Fachkanzlei vom Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ab. Der Beschluss sei mit ‚heißer Nadel‘ gestrickt und enthalte zahlreiche Rechtsrisiken, die erst behoben werden müssten, so das Schreiben. Trotzdem meldete der zuständige Abteilungsleiter im Energieministerium noch am selben Tag an Minister Pegel, dass die Genehmigung nicht einmal 48 Stunden später erfolgen werde. Pegel hatte seinem Abteilungsleiter kurz vorher mitgeteilt, dass Nord Stream 2 Druck mache und eine schnelle Genehmigung wünsche.
Der Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Klimastiftung/Nord Stream 2“ von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Hannes Damm, stellt dazu fest:
„Die große Nähe zwischen Nord Stream 2 AG, Landesregierung und Bergamt Stralsund hat zu gravierenden Mängeln beim Genehmigungsprozess für die Pipeline geführt. Nord Stream 2 und das Energieministerium – unter Führung von Minister Pegel – setzten das Bergamt unter erheblichen Zeitdruck. Das führte offenkundig dazu, dass wichtige Fragen zur Sicherheit und zur Umweltverträglichkeit der Pipeline vor der Genehmigung nicht mehr ausreichend geprüft wurden.
Der Sachgebietsleiter im Bergamt konnte in der heutigen Zeugenvernehmung nicht darlegen, inwiefern die zahlreichen Bedenken der eigens beauftragten Fachkanzlei berücksichtigt wurden. Fragwürdig ist auch das Verfahren, welches Nord Stream 2 seinerzeit für die Prüfung der Pipeline-Sicherheit durchgesetzt hat: Am Ende wurde ausgerechnet ein ehemaliger Mitarbeiter der Nord Stream 2 AG für die ‚unabhängige‘ Zertifizierung beauftragt, welcher den Betrieb der Pipeline dann freigab.
Die Sicherheit der Pipeline ist daher meines Erachtens nie anhand der notwendigen Standards nachgewiesen worden. Dieser Umstand wurde anschließend sogar noch verschleiert. Das nährt weiter den Verdacht, dass es nie ein ergebnisoffenes Genehmigungsverfahren gab. Nord Stream 2 sollte unbedingt durchgesetzt werden.“
Hintergrund:
Das zuständige Bergamt führte die von der Fachkanzlei gemeldeten 47 möglichen Rechtsrisiken in den offiziellen Unterlagen zum Planfeststellungsbeschluss nicht mehr auf – mit der Begründung, es fehle die Relevanz. Auch dem Oberverwaltungsgericht Greifswald wurde das Schreiben der Fachkanzlei im Zuge der Klagen gegen die Pipeline offenbar vorenthalten.