Die „WELT AM SONNTAG“ berichtet an diesem Wochenende, dass die international tätige Wirtschaftskanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer“ als Verfasserin des ersten Satzungsentwurfs für die Stiftung Klima- und Umweltschutz Mecklenburg-Vorpommern infrage kommt. Die Kanzlei arbeitete zu der fraglichen Zeit eng mit dem russischen Staatskonzern Gazprom und der Nord Stream 2 AG zusammen. Der damalige Energieminister und heutige Innenminister Christian Pegel betonte in der Vergangenheit derweil immer wieder, die Satzung im Wesentlichen selbst verfasst zu haben. Die Beteiligung einer Anwaltskanzlei verneinte Pegel wiederholt.
„Entstehungsgeschichte der Klimastiftung offenbar nie richtig dargestellt“
Die bündnisgrüne Landtagsfraktion fordert eine konsequente Aufklärung der neuesten Enthüllungen im Zuge der Stiftungsgründung. Hannes Damm, Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss: „Es trifft zu, dass die Metadaten des Satzungsentwurfs die Kanzlei ,Freshfields Bruckhaus Deringer‘ als Verfasserin ausweisen. Auch anhand der uns vorliegenden Akten lässt sich das belegen. Offenbar hat Minister Pegel die Entstehungsgeschichte der Klimastiftung nie richtig dargestellt. Denn bislang wurde seitens der Landesregierung ausschließlich eingeräumt, dass die Nord Stream 2 AG im Zuge der Erarbeitung Anpassungen am Satzungsentwurf durchsetzen konnte. So belegen Akten etwa, dass Minister Pegel seinerzeit um Zustimmung der Gas-Investoren bat, als es um Änderungen von Haftungsfragen ging. Aufgrund der aktuellen Berichterstattung verdichten sich die Hinweise, dass in Wahrheit bereits die Grundlage für die endgültige Satzungsfassung aus dem unmittelbaren Umfeld der Nord Stream 2 AG kam. Träfe dies zu, wäre endgültig belegt, wie sehr sich die Landesregierung zum Spielball russischer Interessen gemacht hat.“
„Völlig unglaubwürdiger Erklärungsversuch“
In der „WELT AM SONNTAG“ erklärt Minister Pegel, er habe vermutlich eine allgemeine Vorlage für Stiftungsgründungen verwendet, „da diese bereits die für eine Satzung üblichen Formatierungen enthielt“. Dadurch hätten nach seiner Darstellung die Metadaten der Kanzlei in das Dokument gelangen können.
Hannes Damm: „Dieser Erklärungsversuch ist völlig unglaubwürdig. Es soll purer Zufall sein, dass der Minister ausgerechnet und unwissentlich eine Vorlage jener Kanzlei genutzt hat, die bis zum russischen Einmarsch in die Ukraine 2022 für Nord Stream und Gazprom tätig war?“
Minister Pegel gibt außerdem an, sich nicht an den späteren Versand der Stiftungssatzung erinnern zu können. Für Hannes Damm ist diese Aussage ebenfalls nur schwer zu glauben: „Auch diese Darstellung löst ungläubiges Kopfschütteln aus. Seit Langem spielt die betreffende E-Mail eine Rolle in der Berichterstattung. Minister Pegel hat demzufolge den ,ersten’ Satzungsentwurf an Heiko Geue, den damaligen Chef der Staatskanzlei, geschickt. Es folgte ein intensiver Austausch zwischen Pegel, Staatskanzlei und verschiedenen Ministerien. Wie kann der Minister diesen entscheidenden Vorgang vergessen haben?
Christian Pegel, Heiko Geue und Manuela Schwesig waren die treibenden Kräfte bei der Stiftungsgründung. Sie führten im Vorfeld die Verhandlungsgespräche mit der Nord Stream 2 AG. Es ist schwer vorstellbar, dass Herr Geue und Frau Schwesig nicht über den Ursprung der Satzung informiert waren. Die drei Akteur*innen sollten jetzt endlich reinen Tisch machen.“
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Hinweis:
„Verräterische Spur in Akten der Klimastiftung“, WELT AM SONNTAG, 11.3.2023