Bündnisgrüne wollen diskriminierungsfreie Bezahlkarte // Oehlrich: „Geflüchteten mit Bezahlkarten den Zugang zu Bargeld zu verwehren, ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“

Zu der heutigen Debatte im Landtag über die Einführung von Bezahlkarten für die Leistungsgewährung an Geflüchtete erklärt Constanze Oehlrich, innen- und rechtspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Bezahlkarten müssen den Anforderungen unseres Grundgesetzes genügen. Allen Menschen steht das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu, auch Geflüchteten. Davon umfasst ist die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, die auch heutzutage noch einen Zugang zu Bargeld erfordert. Geflüchteten mit Bezahlkarten den Zugang zu Bargeld zu verwehren, ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Über Bezahlkarten darf zudem nicht die Bezahlung bestimmter Waren oder Dienstleistungen ausgeschlossen werden. Bedürftige Menschen haben das Recht, eigenverantwortlich zu wirtschaften und selbst zu entscheiden, was sie wann brauchen. Das muss auch für Geflüchtete gelten.

Die Verwendung von Bezahlkarten darf nicht örtlich beschränkt werden. Das wäre de facto eine Wiedereinführung der Residenzpflicht durch die Hintertür, die wir als unzulässigen Eingriff in die Freizügigkeit im Bundesgebiet ablehnen.

Als Vorbild dienen könnte die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover. Mit Hilfe der SocialCard wurde Geflüchteten dort ein diskriminierungsfreier Zugang zu Bargeld und zum bargeldlosen Zahlungsverkehr ermöglicht. Das Schöne ist: Auf diese Weise werden sowohl Menschenrechte gewährleistet, als auch Verwaltungen entlastet.“


Hintergrund:

Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfGE 125, 175). Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz begründet diesen Anspruch als Menschenrecht. Er umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Möglichkeit der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Mit Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz erhält der Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern.


Constanze Oehlrich MdL
Innen- und rechtspolitische Sprecherin