Auf der gestrigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „NSU II/Rechtsextremismus“ kam es erneut zu Versuchen, den Ablauf der Aufklärungsarbeit zu stören. Das ehemalige Nordkreuz-Mitglied Armin P. wollte an der Sitzung teilnehmen, obwohl das Verwaltungsgericht Schwerin in der vergangenen Woche seinen Eilantrag auf eine Teilnahme abgelehnt hatte. Parallel dazu beantragte die AfD-Fraktion, ihn als Zeugen zu vernehmen.
Constanze Oehlrich, Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern, kritisiert dieses Vorgehen scharf:
„Es zeigt sich, dass die AfD zunehmend als parlamentarischer Arm des Nordkreuz-Netzwerks agiert. Diese Entwicklung überrascht nicht, da es zahlreiche personelle Überschneidungen zwischen der AfD und dem Netzwerk gibt. Die Partei nutzt ihre Präsenz im Parlament gezielt, um radikale Kräfte zu stützen – und das ist brandgefährlich.“
Orchestrierte Kampagne
Oehlrich weiter: „Die jüngsten Ereignisse deuten auf eine koordinierte Aktion hin. Das zeitgleiche Auftauchen von Armin P. und der erneute AfD-Antrag trotz des klaren Gerichtsbeschlusses legen nahe, dass hier eine Kampagne orchestriert wurde. Die AfD versucht, einen vermeintlichen Widerspruch zu konstruieren – nämlich ob Armin P. ein wichtiger Zeuge oder unbeteiligter Zuschauer sei. Dabei zeigen beide Akteure, dass sie wenig Interesse an der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen haben.“
„AfD will das Nordkreuz-Netzwerk verharmlosen“
„Mit solchen inszenierten Störungen beweist die AfD-Fraktion, dass sie weniger an der Aufklärung interessiert ist, sondern vielmehr daran, das Nordkreuz-Netzwerk zu verharmlosen“, kritisiert Obfrau Oehlrich. „Das wurde auch gestern deutlich: AfD-Fragen zielten darauf ab, das Netzwerk als unpolitisch darzustellen – obwohl Zeug*innen bereits von zahlreichen rassistischen, NS-verherrlichenden und menschenverachtenden Chatnachrichten berichtet haben.“
Ausschuss setzt Prioritäten auf staatliches Handeln
Schon im Juli wurde Armin P. von einer öffentlichen Ausschusssitzung ausgeschlossen. Kurz darauf beantragte die AfD-Fraktion seine Vernehmung als Zeugen – dasselbe Vorgehen wiederholte sie in der gestrigen Sitzung. Der Ausschuss lehnte dies in beiden Fällen ab. Constanze Oehlrich begründet die Ablehnung: „Der Zeitplan des Ausschusses ist bis Sommer 2025 mit wichtigen Zeug*innen aus Behörden gefüllt, die zum Nordkreuz-Netzwerk Auskunft geben werden. Dabei liegt der Fokus primär auf der Untersuchung staatlichen Handelns. Falls danach noch offene Fragen bestehen, wird der Ausschuss erwägen, einzelne Mitglieder des Netzwerks anzuhören. Dieses Vorgehen hat sich bereits bei der Untersuchung des NSU-Komplexes bewährt.“
Hintergrund:
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) NSU II/Rechtsextremismus befragt seit Juni 2024 Zeuginnen zum sogenannten Nordkreuz-Komplex. Ab 2016 bereiteten sich Rechtsextreme in der Gruppe Nordkreuz, darunter zahlreiche Polizistinnen und Bundeswehrreservist*innen, auf einen Umsturz vor. Der Generalbundesanwalt ermittelte wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Mitglieder der Gruppe horteten illegale Waffen und zehntausende Schuss Munition aus Behördenbeständen. Zudem legten sie Feindeslisten mit persönlichen Daten politischer Gegner*innen an und sollen geplant haben, diese am sogenannten „Tag X“ zu töten. Mehrere Anführer der Gruppe wurden wegen Waffendelikten verurteilt, darunter auch der AfD-Kreistagsabgeordnete Haik Jaeger.