Bündnisgrüne fordern Stärkung der Selbsthilfekontaktstellen // Shepley: „Seit meiner Krebserkrankung weiß ich, wie wichtig Hilfe zur Selbsthilfe ist“

Selbsthilfegruppen lindern nicht nur das Leid von Menschen mit chronischen oder psychischen Erkrankungen – sie sind längst zur vierten Säule unseres Gesundheitssystems geworden. Doch die Strukturen, die diese Arbeit ermöglichen, geraten zunehmend unter Druck: Die Selbsthilfekontaktstellen in Mecklenburg-Vorpommern sind chronisch unterfinanziert, überlastet und personell vielerorts nicht mehr in der Lage, den stark gestiegenen Bedarf zu bewältigen.

Die bündnisgrüne Landtagsfraktion bringt deshalb in der kommenden Woche einen Antrag ein, um die neun bestehenden Kontaktstellen besser auszustatten, langfristig abzusichern und perspektivisch durch eine Landeskontaktstelle zu ergänzen.

Anne Shepley, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, begründet die Initiative auch persönlich: „Seit meiner Erkrankung an Brustkrebs weiß ich, wie wichtig Hilfe zur Selbsthilfe ist. Der Austausch mit anderen Betroffenen spendet Hoffnung und Mut – vor allem aber das Gefühl, nicht allein zu sein. Fortschritte und Rückschläge teilt man in der Gruppe. Doch viele wissen gar nicht, dass es diese Angebote gibt – geschweige denn, wo sie sie finden können. Deshalb müssen wir die Selbsthilfekontaktstellen endlich stärken.“

Kontaktstellen sind das organisatorische Rückgrat der Selbsthilfe

Diese Kontaktstellen bilden das organisatorische Rückgrat der Selbsthilfe: Sie helfen Menschen, bestehende Gruppen zu finden, neue Gruppen zu gründen, vernetzen Betroffene, bieten Beratung, Fortbildung, Qualifizierung – und sichern so die Selbsthilfestrukturen vor Ort. Allein in Schwerin wurden im vergangenen Jahr 19 neue Selbsthilfegruppen gegründet – zusätzlich zu bereits rund 160 bestehenden Gruppen.

Dass der Bedarf wächst, belegt auch eine Auswertung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH): Seit 2019 ist die Zahl der Krankmeldungen in Mecklenburg-Vorpommern um rund 60 Prozent gestiegen. Damit liegt das Land im Bundesvergleich an der Spitze. Gleichzeitig nehmen die Wartezeiten bei Fachärzt*innen und Therapeut*innen, besonders im ländlichen Raum, weiter zu. Umso wichtiger sind niedrigschwellige Angebote wie die Selbsthilfe.

„Die Zahl der Erkrankten ist gestiegen, die Landesförderung aber ebenso wie die kommunalen Mittel seit zehn Jahren nicht mehr erhöht worden“, kritisiert Shepley. „Was einst sechs Kontaktstellen finanzierte, muss heute für neun reichen. Die Mitarbeitenden sind am Limit und müssen zugleich Arbeitszeitverkürzungen in Kauf nehmen.“

„Selbsthilfegruppen ersetzen keine Therapie, aber sie ergänzen sie auf einzigartige Weise“, so Shepley weiter. „Sie stärken Gesundheitskompetenz, mindern Einsamkeit, fördern Teilhabe und sind oft die erste erreichbare Unterstützung.“

MV ist das einzige Bundesland ohne hauptamtlich geförderte Landeskontaktstelle

Dass Mecklenburg-Vorpommern als einziges Bundesland über keine hauptamtlich geförderte Landeskontaktstelle verfügt, sei ein struktureller Nachteil, den man sich angesichts wachsender Herausforderungen nicht länger leisten könne. „Die Selbsthilfe hilft – jetzt braucht sie selbst Hilfe. Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung Verantwortung übernimmt“, so Shepley abschließend.


Hinweis:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Selbsthilfekontaktstellen in Mecklenburg-Vorpommern stärken“ (Drucksache 8/5008) vom 11. Juni 2025:


Anne Shepley MdL
sozialpolitische Sprecherin