Laut § 116 SOG M-V sollte bis zum 31. Dezember 2024 ein Bericht über die erzielten Wirkungen der mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 5. Juni 2020 vorgenommenen Änderungen vorliegen. Diese Evaluation ist bisher nicht erfolgt. In einer Zeit, in der die sicherheitspolitische Debatte durch die Terroranschläge der vergangenen Monate zusätzlich aufgeladen ist, fehlen damit belastbare Erkenntnisse über die Wirksamkeit der erweiterten Polizeibefugnisse.
„Nicht nur ein Rechtsverstoß, sondern auch unverantwortlich“
Constanze Oehlrich, Vorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern, kritisiert diese Unterlassung scharf: „Die Landesregierung hat es versäumt, das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern fristgerecht zu evaluieren. Das stellt nicht nur einen Rechtsverstoß dar, sondern ist auch noch unverantwortlich. Gerade jetzt, nach den furchtbaren Anschlägen von Mannheim, Solingen und zuletzt Magdeburg, ist eine rationale Analyse der vorhandenen Polizeibefugnisse besonders wichtig. Deshalb darf die im SOG vorgesehene Evaluierung der im Jahr 2020 eingeführten zusätzlichen Polizeibefugnisse nicht weiter verschleppt werden. Für eine fundierte Diskussion über den bestehenden Regelungsbedarf muss Innenminister Pegel umgehend die erforderliche Datengrundlage liefern.“
Oehlrich betont: „Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung müssen rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Sie müssen effektiv, zielgerichtet und der jeweiligen Bedrohungslage angemessen sein. Der Einsatz neuer Technologien kann einen Mehrwert bieten, ist aber zwingend grundrechtskonform auszugestalten. Das Sicherheits- und Ordnungsgesetz unseres Landes gestattet weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre der Menschen. Inwieweit sich die neuen Befugnisse der Landespolizei bei der Bekämpfung schwerer Gewalttaten bewährt haben, ist jedoch weiterhin unklar. Das muss sich dringend ändern!“
Hintergrund:
In der vergangenen Legislaturperiode hatte der Landtag Mecklenburg-Vorpommern eine Novelle des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes beschlossen. Das Gesetz enthält seitdem zahlreiche neue Vorschriften, unter anderem Ermächtigungsgrundlagen für Online-Durchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung. In § 116 SOG M-V ist vorgesehen, dass die Landesregierung dem Landtag bis zum 31. Dezember 2024 über die erzielten Wirkungen der mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 5. Juni 2020 vorgenommenen Änderungen berichtet. Dies ist jedoch bis heute nicht geschehen.
In der laufenden Legislaturperiode hat der Landtag das SOG M-V bereits einmal überarbeitet. Anlass war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2022, das mehrere Vorschriften des SOG M-V als verfassungswidrig eingestuft hatte. Dieses Urteil basierte auf einer Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte aus dem Juni 2021.