Die Evaluierung des 3. Landesaktionsplans zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Stalking offenbart massive Kapazitätsengpässe in den Frauenhäusern des Landes. Allein im Jahr 2022 mussten 530 Hilfe suchende Frauen abgewiesen werden, wobei mehr als 300 von ihnen aufgrund fehlender räumlicher Kapazitäten keine Aufnahme fanden. In keinem der Landkreise und kreisfreien Städte Mecklenburg-Vorpommerns entspricht die vorhandene Infrastruktur dem vonseiten des Europarats empfohlenen Verhältnis von einem Familienplatz pro 10.000 Einwohner*innen. Besonders alarmierend ist die Situation in Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg (30.000 bis 54.000 Einwohner*innen pro Familienplatz).
Constanze Oehlrich, Parlamentarische Geschäftsführerin und gleichstellungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, verdeutlicht: „Die stetige Zunahme der Fälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern muss uns alle alarmieren. Doch die Landesregierung kommt ihren Verpflichtungen gemäß der Istanbul-Konvention weiterhin nicht nach und setzt ihren eigenen Landesaktionsplan nur schleppend um. Dabei ist der Schutz vor Gewalt staatliche Pflichtaufgabe. Es ist dringend erforderlich, die finanzielle und personelle Ausstattung der Frauenhäuser erheblich zu verbessern. Keine Frau, die von Gewalt betroffen ist, darf allein gelassen werden.“
Institutionalisierte Angebote für Kinder und Jugendliche in den Frauenhäusern fehlen
Im Jahr 2022 wurden 5.409 erwachsene Betroffene von dem Beratungs- und Hilfenetzwerk erfasst, die Mehrheit – 4.972 Personen – waren Frauen. Fast ebenso hoch war die Zahl der betroffenen Kinder mit 4.846. Während einige Interventionsstellen über Kinder- und Jugendberater*innen verfügen, fehlt es in den Frauenhäusern an dieser Unterstützung. 87,5 % der Mitarbeiter*innen in Frauenhäusern wünschen sich in dieser Hinsicht mehr Begleitung.
„Wir müssen die Spirale der Gewalt durchbrechen“
Oehlrich fordert von der Landesregierung entschiedenes Handeln: „Es ist nicht nur dringend erforderlich, sofort mehr Plätze in den Frauenhäusern bereitzustellen, sondern auch die betroffenen Kinder angemessen zu unterstützen. Um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, müssen wir jetzt handeln. Studien zeigen, dass Jungen, die in Familien Gewalt erleben oder beobachten, im Erwachsenenalter oft selbst zu Tätern werden, während Mädchen als erwachsene Frauen häufig selbst Opfer häuslicher Gewalt werden. Die großen Lücken im Beratungs- und Hilfenetzwerk, die erneut durch die Evaluation aufgedeckt wurden, müssen so schnell wie möglich geschlossen werden. Die Landesregierung darf die angekündigte Landesstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention nicht weiter aufschieben!“
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