Nach Bekanntwerden der SMS-Kommunikation zwischen der Nord Stream 2 AG und dem damaligen Energieminister Christian Pegel fordert der Abgeordnete der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern, Hannes Damm, die erneute Überprüfung der Handy-Kommunikation des Ministers. Dies dürfe nicht länger durch den Minister allein erfolgen, die Öffentlichkeit könne nicht mehr darauf vertrauen, dass Pegel seiner gesetzlichen Herausgabepflicht nachkomme.
Damm, zugleich Obmann im zuständigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, schlägt das Instrument eines sogenannten Unterausschusses vor. Dieser im Gesetz vorgesehene Ausschuss könne das Diensthandy des Innenministers als Beweismittel anfordern und durch die Forensik des Landeskriminalamts auswerten lassen.
Aufgefundene SMS widerlegt die Behauptung von Christian Pegel
Hannes Damm: „Die jetzt aufgefundene SMS beweist, dass es einen direkten SMS-Austausch zwischen den Verantwortlichen der Nord Stream 2 AG und dem Minister gab. Dies hat Christian Pegel immer abgestritten. Bei der öffentlich gewordenen SMS handelt es sich nicht um eine belanglose Allerweltsnachricht. Vielmehr belegt sie schwarz auf weiß, wie ein russischer Staatskonzern direkten Druck auf einen Landesminister ausübt.
Zum Zeitpunkt der SMS lief das Genehmigungsverfahren für die Pipeline Nord Stream 2. Das Land hatte die gesetzliche Pflicht, die Genehmigungsfähigkeit neutral zu prüfen. Das genaue Gegenteil geschah: Minister Pegel ließ sich von der Nord Stream 2 AG den Genehmigungstermin diktieren. Diesen Zeitdruck gab der Minister postwendend an das zuständige Bergamt Stralsund weiter, welches daraufhin Wochenendschichten einlegte, um die Genehmigung am 31. Januar 2018 zu erteilen. Viel stärker kann man sich als Regierungsmitglied eigentlich nicht instrumentalisieren lassen.“
„,Lösch-Affäre’ um Christian Pegel weitet sich erneut aus“
„Die SMS-Kopie belegt auch, dass der Minister wichtige dienstliche Nachrichten auf seinem Handy dem Untersuchungsausschuss entweder verschwiegen oder gelöscht hat. Noch im August dieses Jahres hatte der Minister auf meine Anfrage hin versichert, auf seinem Handy keine Nachrichten im Zusammenhang mit Nord Stream 2 gefunden zu haben. Angesichts dieser neuen Information weitet sich die Lösch-Affäre um Pegel erneut aus.“
Die besagte Kurznachricht wurde nicht von Christian Pegel an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss übergeben. Sie stammt aus dem E-Mail-Postfach eines leitenden Mitarbeiters, dem der Minister vertraulich eine Kopie der SMS geschickt hatte. Anders als der Minister in einer Stellungnahme gegenüber der Ostsee-Zeitung erklären ließ, sollte die Nachricht nicht vom E-Mail-Postfach in das Aktensystem der Landesregierung überführt werden – und wurde sie auch nicht.
Hannes Damm: „Mobiltelefone haben in der Regel eigene Backup-Systeme, sodass auch gelöschte Nachrichten wiederhergestellt werden können. Wir haben das Vertrauen verloren, dass der Minister diese Wiederherstellung von sich aus ermöglicht. Das Gesetz sieht für solche Fälle die Bildung eines Unterausschusses vor, der die Herausgabe des Smartphones verlangen kann. Diesen Schritt sollten wir jetzt gehen.“
Hintergrund:
Der Text der aufgefundenen SMS des Nord Stream 2-Managers Reinhard Ontyd an den damaligen Energieminister Pegel lautet:
„Lieber Herr Pegel, ich habe meine Kollegen gesprochen (inkl RA Ohms): wir verzichten auf die zeitliche Verknüpfung des Kabinettbeschlusses. Rechtliche Begründung dafür vorhanden (BVerwG). Unseres Wissens ist diese Variante beim Bergamt auch schon vorformuliert, so dass es sehr weniger Anpassungen bedarf. Der Januartermin ist für uns extrem wichtig! Neben Kosten (inzw über 2MEUR) die Signalwirkung: SWE zB wartet auf D; auch für die Brüsselthemen! Nicht zuletzt unser Aktionär. Daher wäre es toll, wenn mit aller Anstrengung doch der 30. möglich wäre. Beste Grüsse und sehr gern ein Anruf. Reinhard Ontyd“
Hinweise:
Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Hannes Damm (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) „Gelöschte E-Mails von Minister Christian Pegel“ (Drucksache 8/2424) vom 11. August 2023 (siehe Frage 8)
Untersuchungsausschussgesetz MV (§ 12)
„Russlands Draht zur Regierung: Neue Dokumente bringen MV-Innenminister Pegel in Bedrängnis“, Ostsee-Zeitung, 12. Dezember 2023