Entkriminalisierung von Cannabis// Oehlrich: „Landesregierung muss tragfähige Übergangsregelung schaffen“

Zu den heute veröffentlichten Plänen der Bundesregierung zur Entkriminalisierung von Cannabis erklärt Constanze Oehlrich, rechtspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion:

„Die heute veröffentlichten Pläne der Bundesregierung zur Entkriminalisierung von Cannabis sind lange überfällig. Mit dem straffreien Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis wird die Rechtsanwendung endlich bundesweit vereinheitlicht. In seiner Cannabis-Entscheidung von 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht den Ländern aufgegeben, beim Umgang mit geringen Mengen an Cannabis für eine im wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen. Bis heute ist das jedoch nicht geschehen. Dass der Bund diesem rechtsstaatlich bedenklichen Zustand ein Ende setzt, ist sehr zu begrüßen.

Nun steht die Landesregierung in der Pflicht, eine tragfähige Übergangsregelung zu schaffen. Sobald der Umgang mit Cannabisprodukten auf Bundesebene bis zu einer Menge von 25 Gramm straffrei gestellt wird, müssen Fälle ab einer Menge von sieben Gramm, die in unserem Bundesland von Polizei und Staatsanwaltschaften bearbeitet werden, eingestellt werden. Derzeit besteht damit eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Gelegenheitskonsument*innen für nichts und wieder nichts belangt und Polizei und Justiz in einer ohnehin schon angespannten Personalsituation für den Papierkorb arbeiten. Daher muss nun die Menge an Cannabis, bis zu der die Staatsanwaltschaften ein Strafverfahren wegen des geringen Unrechtsgehalts der Tat einstellen können, auf 25 Gramm erhöht werden.“


Hintergrund:

In seiner Cannabis-Entscheidung vom 9. März 1994 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass § 29 Absatz 1 BtMG verfassungsgemäß ist. Soweit diese Strafnorm den gelegentlichen Eigenkonsum geringer Mengen von Cannabisprodukten mit Strafe bedrohe, sei sie allerdings nur deswegen verfassungsgemäß, weil der Gesetzgeber es den Strafverfolgungsorganen ermögliche, durch das Absehen von Strafe oder von Strafverfolgung einem geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu tragen. Das Absehen von Strafverfolgung in diesen Fällen ist in § 31a BtMG geregelt. Danach kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

Diese Möglichkeit wird in den Bundesländern jedoch bislang sehr unterschiedlich gehandhabt. In Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein beträgt die geringe Menge beim Umgang mit Cannabisprodukten, bis zu der die Staatsanwaltschaft gemäß § 31a BtMG von der Verfolgung absehen kann, bis zu sechs Gramm, in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen bis zu zehn Gramm sowie in Berlin und Bremen bis zu 15 Gramm.


Constanze Oehlrich MdL
Rechtspolitische Sprecherin