Ab dem Schuljahr 2026/2027 gilt der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung für Grundschulkinder – doch wie diese Betreuung konkret aussehen soll, ist weiterhin unklar. Die bündnisgrüne Landtagsfraktion hat deshalb im Landtag verbindliche Qualitätsstandards für die Ganztagsförderung in Mecklenburg-Vorpommern gefordert. Jutta Wegner, Parlamentarische Geschäftsführerin und bildungspolitische Sprecherin, stellt klar: „Der Ganztag darf sich nicht auf den Wechsel zwischen Unterricht am Vormittag und Aufbewahrung im Hort am Nachmittag beschränken. Kinder brauchen einen strukturierten Tagesablauf, in dem Unterricht, selbstbestimmtes Lernen, Freizeit und Erholung ausgewogen aufeinander abgestimmt sind.“
Stadt und Land – Chancen sind ungleich verteilt
Die Realität an unseren Schulen ist bislang weit entfernt von einem solchen pädagogischen Anspruch. „In vielen Städten gibt es gute Netzwerke und funktionierende Kooperationen zwischen Schule, Hort und außerschulischen Bildungspartnern. Im ländlichen Raum dagegen erleben wir oft das Gegenteil: Kinder werden in verschiedenste Horte mit unterschiedlichster Ausstattung verteilt – das ist keine gleichwertige Ganztagsförderung“, so Wegner.
Für Wegner ist klar: Jedes Kind in Mecklenburg-Vorpommern verdient dieselben Bildungschancen. Das heißt auch: gleiche Qualitätsstandards, ausreichend Räume und Zeitressourcen – und vor allem eine gute Zusammenarbeit der Lehrkräfte und Erzieher*innen in multiprofessionellen Teams.
Rot-Rot liefert die versprochene Strategie nicht
Trotz der Dringlichkeit fehlt bislang eine landesweite Strategie der rot-roten Landesregierung zur Umsetzung des Rechtsanspruchs. Wegner kritisiert:
„Bis zum Sommer 2026 bleibt nicht mehr viel Zeit. Bislang ist nur klar, dass die Horte den Ganztagsrechtsanspruch umsetzen sollen. Wie das konkret aussieht, bleibt offen.“
Wichtige Fragen zur gesundheitsförderlichen Vollversorgung, zu Sport- und Bewegungsangeboten, zu den Übergängen zwischen Kita, Schule und Hort oder auch zur Schüler*innenbeförderung seien nach wie vor ungeklärt, so Wegner.
Deshalb fordert die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete ein Expert*innengremium, das an den Runden Tisch Ganztag anknüpft und zügig verbindliche Qualitätsstandards entwickelt: „Es geht nicht nur um Betreuung – es geht um gerechte Bildungschancen, Teilhabe und die Zukunft aller Kinder hier im Land.“
Hintergrund:
Die Kritik an der bisherigen Umsetzung des Ganztagsanspruchs kommt nicht nur aus der Opposition – auch Bildungsverbände, Gewerkschaften und Elternvertretungen mahnen mehr Gestaltungswillen und Qualitätsbewusstsein an. In ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Ergebnisberichts des Runden Tisches „Ganztag“ warnt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor einer verpassten Chance: „Der Ganztag darf nicht dazu genutzt werden, Unterrichtsausfälle durch den Hort zu kompensieren oder Haushaltslöcher zu stopfen.“ Die GEW fordert stattdessen visionäre Konzepte für einen kindgerechten Ganztag und lehnt eine bloße Fortschreibung überholter Modelle klar ab: „Wir möchten diskursiv weiterarbeiten, aber kein DDR-Hortmodell in das 21. Jahrhundert übertragen.“
Auch die Bildungsvertretungen der Eltern und Schüler*innen zeigen sich enttäuscht von den wenigen Resultaten des Ergebnisberichtes. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern Landeselternrat, Kita-Landeselternrat und Landesschülerrat Mecklenburg-Vorpommern klare Qualitätsstandards für Inklusion in der Ganztagsförderung und begrüßen ausdrücklich den bündnisgrünen Vorschlag, ein Expertinnengremium aller Bildungsakteurinnen einzurichten. „Wir fordern, dass der Bericht die Qualitätskriterien für Inklusion aufgreift und Maßnahmenvorschläge enthält“, heißt es in dem Papier.
Hinweis:
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Gute Schule für alle – Qualitätsstandards für die Ganztagsförderung in Mecklenburg-Vorpommern festschreiben (Drucksache 8/4734) vom 26. März 2025:

Parlamentarische Geschäftsführerin und bildungspolitische Sprecherin