Zur heutigen Meldung des Justizministeriums, wonach die Interventionsstellen in Rostock und Schwerin wegen steigender Fallzahlen mit zusätzlichen Mitteln unterstützt werden, erklärt Constanze Oehlrich, rechtspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion: „Es ist gut, dass die Landesregierung zusätzliche Mittel für die Interventionsstellen bereitstellt. Aber 100.000 Euro und zwei Stellen sind angesichts der dramatischen Lage nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Statt öffentlichkeitswirksam kurzfristig Geld zu verteilen, braucht es endlich eine systematische und nachhaltige Finanzierung des Beratungs- und Hilfenetzes.“
Justizministerium ignoriert die Erkenntnisse der eigenen Bedarfsanalyse
Eine vom Justizministerium selbst in Auftrag gegebene Evaluation hat ergeben, dass die Interventionsstellen im Land einen zusätzlichen jährlichen Finanzbedarf von rund 774.800 Euro haben – ein Vielfaches der jetzt bereitgestellten Summe. Die bündnisgrüne Fraktion hatte bereits im Rahmen der Haushaltsverhandlungen 2024/2025 einen Änderungsantrag gestellt, um diesen Bedarf vollständig abzudecken.
„Dass das Ministerium jetzt lediglich 100.000 Euro freigibt, ignoriert die Erkenntnisse der eigenen Bedarfsanalyse. Damit werden die Interventionsstellen weiter strukturell unterfinanziert und arbeiten dauerhaft an der Belastungsgrenze“, so Oehlrich.
Die Fallzahlen häuslicher und sexualisierter Gewalt sind in Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren auf hohem Niveau. Die steigenden Kontaktzahlen in den Interventionsstellen und die Polizeiliche Kriminalstatistik zeichnen ein deutliches Bild. Doch während das Land zwei Interventionsstellen stärkt, fehlt andernorts die Grundversorgung. In der Ostsee-Zeitung wurde heute bekannt, dass die Beratungsstelle für Opfer häuslicher Gewalt in Bad Doberan schließen muss.
„Es kann nicht sein, dass die einzige Beratungsstelle des Landkreises Rostock aus finanziellen Gründen schließen muss“
Oehlrich: „Es kann nicht sein, dass zeitgleich in Bad Doberan die einzige Beratungsstelle des Landkreises Rostock aus finanziellen Gründen schließen muss. Beratungsstellen sind für Betroffene oft der erste und niedrigschwellige Zugang zu Hilfe – noch vor Polizei oder Interventionsstelle. Ihre Existenz darf nicht vom Haushaltswillen einzelner Landkreise abhängen. Wenn ein Landkreis seine Verantwortung nicht wahrnimmt, muss das Land einspringen. Es darf keine Region ohne Beratungsstelle geben.“
Oehlrich fordert die Landesregierung auf, endlich verbindliche und flächendeckende Standards für die Finanzierung von Beratungs- und Interventionsstellen zu schaffen: „Wir brauchen eine verlässliche, gesetzlich abgesicherte Grundfinanzierung der Beratungsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern. Die jetzige Förderstruktur führt zu Unsicherheiten, zur Überlastung der Mitarbeitenden und im schlimmsten Fall zur Schließung ganzer Angebote. Das ist fahrlässig und wird dem Anspruch auf Schutz und Unterstützung für Gewaltbetroffene nicht gerecht.“

Fraktionsvorsitzende und rechtspolitische Sprecherin