Dringlichkeitsantrag zur Rettung von CORA // Oehlrich: „Rot-Rot wirft Hilfenetz um Jahre zurück“

Wie kürzlich bekannt wurde, streicht die rot-rote Landesregierung zum Ende des Monats die Mittel für CORA – Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt in M-V, und das trotz gegenläufiger Planungen zum Doppelhaushalt 2024/ 2025. Anstelle von CORA soll zukünftig eine einzelne neue Stelle in der Landesverwaltung die Aufgaben übernehmen und zusätzlich die dringend nötige Landesstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention erarbeiten. Die Beratungsqualität für Betroffene von häuslicher und sexualisierter Gewalt würde sich massiv verschlechtern. Die BÜNDNISGRÜNE Landtagsfraktion hat daher heute zur Landtagssitzung in dieser Woche einen Dringlichkeitsantrag zur Rettung von CORA eingebracht.

Constanze Oehlrich, Vorsitzende und gleichstellungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, spricht sich für den Erhalt von CORA aus:

„Rot-Rot wirft das Hilfenetz für die Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt um Jahre zurück. Die Landesregierung darf nicht riskieren, dass die jahrelange, hochanerkannte Expertise von CORA verloren geht. Um den Schutz vor Gewalt umfassend zu gewährleisten, braucht es beides: Sowohl CORA, als auch eine Stelle in der Landesverwaltung. Das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden.

Alle 45 Minuten wird eine Frau in Deutschland durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt. Jeden dritten Tag tötet ein Mann seine Ex-Partnerin oder seine Partnerin. Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter, sie reicht von sexueller Belästigung bis zum Femizid. Eine Frau, die Gewalt ausgesetzt ist, braucht nicht nur eine einzelne Beratungsstelle, sie braucht ein ganzes Netzwerk von Hilfsstrukturen. Ein solches Netzwerk entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern muss mühsam aufgebaut und gepflegt werden. Dahinter stehen Menschen und Organisationen, bei uns in Mecklenburg-Vorpommern koordiniert dies CORA.

Dass die Landesregierung an dieser Stelle den Rotstift ansetzt und eine seit 26 Jahren tätige, bundesweit und international vernetzte Hilfsstruktur streicht, ist ein fataler Fehler. Auch die Evaluation des Dritten Landesaktionsplans hat ganz klar ergeben, dass wir beides brauchen: sowohl CORA, als auch eine Koordination seitens der Landesverwaltung.

Wir haben heute einen Dringlichkeitsantrag 8/3798 zur Rettung von CORA zur Landtagssitzung diese Woche eingebracht.“


Hintergrund:

Als jahrzehntelang gewachsene und etablierte Institution ist die Landeskoordinierungsstelle CORA für die Umsetzung des Artikels 10 Absatz 1 Satz 1 Istanbul-Konvention unerlässlich. Bereits 2022 appellierte GREVIO, ein unabhängiges Menschenrechtsüberwachungsgremium, das die Umsetzung der Istanbul-Konvention durch die Vertragsstaaten überwacht, dass Frauen-NGO‘s weiterhin systematisch in die Politikgestaltung einzubeziehen seien. Darüber hinaus wird die zentrale Rolle von NGO‘s bei der Entwicklung von Landesstrategien hervorgehoben:

„GREVIO betont, wie wichtig es in einem Konsultationsprozess ist, dass alle relevanten Parteien, einschließlich NGO‘s, einbezogen werden, um ein Strategiepapier zu entwickeln, das einen Rahmen für ein sektorübergreifendes Engagement auf der Grundlage gemeinsamer Grundsätze und Ziele für Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen auf der Grundlage der Istanbul-Konvention bietet.“ (Quelle 1)

In Anwendung auf Mecklenburg-Vorpommern kam auch die jüngst veröffentlichte Evaluation des Dritten Landesaktionsplans zu dem Ergebnis, dass die Expertise der Landeskoordinierungsstelle CORA nicht nur erhalten, sondern zudem erweitert werden sollte (Quelle 2). Die Evaluation wurde erst nach der Bekanntgabe der Schließung CORA‘s veröffentlicht, sollte angesichts ihrer weitreichenden Handlungsempfehlungen jedoch dringend bedacht werden. Über den Erhalt und die Erweiterung CORA‘s hinaus, soll laut Evaluation zudem eine Koordinierungsstelle innerhalb der Landesverwaltung aufgebaut werden, die entsprechend ausgestattet, ressortübergreifend eine Strategie entwickelt und den Prozess der Umsetzung vorantreibt. Um die Istanbul-Konvention vollumfänglich umzusetzen müssen also die einzelnen Maßnahmen des Innen-, Justiz-, Sozial- und Bildungsministerium unter Einschluss von CORA als unabhängiger Vernetzungs- und Koordinierungsstelle des Hilfenetzes in der „Koordinierungsstelle Istanbul-Konvention“ gebündelt werden.

Quelle 1: GREVIO‘s (Basis) Evaluierungsbericht über gesetzliche und weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) DEUTSCHLAND, S. 2, zuletzt geöffnet am 07.06.2024.

Quelle 2: Richter, L. und Schiemann, S. (2024), Bekämpfung häuslicher und sexualisierter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern. Evaluation des Dritten Landesaktionsplans zur Bekämpfung von häuslicher und sexualisierter Gewalt unter dem Vorzeichen der Umsetzung der Istanbul-Konvention mit Schwerpunkt auf dem Beratungs- und Hilfenetz, S. 153 ff., zuletzt geöffnet am 07.06.2024.


Constanze Oehlrich MdL
Fraktionsvorsitzende und gleichstellungspolitische Sprecherin