Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), ein vom Europarat ins Leben gerufenes, unabhängiges Gremium, hat Deutschland wegen Untätigkeit gegen das sogenannte Racial Profiling durch die Polizei gerügt.
Constanze Oehlrich, innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nimmt diese Rüge zum Anlass, um mithilfe einer Kleinen Anfrage die Landesregierung nach den Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern zu befragen:
„Dass Menschen allein aufgrund ihres Aussehens von der Polizei angehalten und kontrolliert werden, geschieht tagtäglich in Deutschland, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Anti-Rassismus-Kommission des Europarats zeigt sich deshalb besorgt und hat Bund und Länder nun erneut wegen Untätigkeit gerügt.“
15 Jahre Untätigkeit in Mecklenburg-Vorpommern
„Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stellt das Anhalten und Durchsuchen einer Person an einem öffentlichen Ort ohne den begründeten Verdacht eines Fehlverhaltens eine Rechtsverletzung dar. Deshalb hatte die ECRI bereits im Jahr 2007 darauf verwiesen, dass die Polizei ihre Befugnisse nur auf der Grundlage konkreter Verdachtsmomente wahrnehmen können sollte. Doch während andere Bundesländer darauf reagierten und ihre Polizeigesetze entsprechend änderten, blieb die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern untätig. Bis heute – 15 Jahre später – wurden offenbar keine Maßnahmen entwickelt, um dem sogenannten ‚Racial Profiling‘ in unserem Bundesland die Grundlage zu entziehen.
Nachdem die ECRI vor wenigen Tagen die Versäumnisse von Bund und Ländern erneut beanstandet hat, möchte ich von der Landesregierung wissen, was sie konkret unternehmen will, um Polizeikontrollen, die allein auf der Grundlage des äußeren Erscheinungsbildes der Betroffenen stattfinden, entgegenzuwirken. Ich habe deshalb eine Kleine Anfrage eingereicht.“
Hintergrund:
Racial Profiling (rassistische Profilerstellung, auch „Ethnic Profiling“ genannt) meint, wenn Menschen nicht auf der Grundlage eines konkreten Verdachts von der Polizei kontrolliert werden, sondern allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds sowie der vermuteten Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe.
Nach einem Grundsatzurteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 2012 verstoßen Polizeikontrollen, die allein aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds einer Person vorgenommen werden, gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Auch wenn das äußere Erscheinungsbild nur mitursächlich für die Kontrolle war, liegt eine unzulässige Diskriminierung vor, sofern sie nicht mit dem Schutz von Verfassungsgütern gerechtfertigt werden kann, hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 7. August 2018 entschieden.
Meldung: „Racial Profiling: Europarat rügt Versäumnisse deutscher Polizei“, Deutschlandfunk, 20.9.2022