Rückblick LANDTALK am 14.1.2025 in Rostock // Oehlrich: „Kultur muss Pflichtaufgabe werden“

Es war ein Abend voller Impulse, lebhafter Diskussionen und inspirierender Begegnungen: Rund 40 Vertreter*innen aus der Kunst- und Kulturszene folgten gestern der Einladung der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mecklenburg-Vorpommern ins Rostocker Peter-Weiss-Haus. Der Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Unter den Gästen der Veranstaltung „Lebensmittel Kultur – Was auf den gesellschaftlichen Tisch gehört“ waren unter anderem der Intendant des Rostocker Volkstheaters, der Rektor der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Mitglieder ehrenamtlicher Kulturvereine und Vertreter*innen des Seniorenbeirats des Landes. Gemeinsam stellten sie die drängenden Fragen: Was braucht Kultur, um fortbestehen zu können? Wie steht es um ihre Zukunft in MV? Und wie kann der gesellschaftliche Wert von Kunst und Kultur gestärkt werden?

Impulse von Expert*innen

Zu Beginn der Veranstaltung gaben der Rektor der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Prof. Dr. Dr. Benjamin Lang, sowie Judy Salewski von Kultur Land MV Einblicke in ihre Arbeit. Prof. Lang betonte, dass es eine Strategie brauche, um den Wert von Kultur zu vermitteln. Salewski berichtete von Bedrohungen gegenüber Kulturschaffenden, etwa beim CSD oder beim Festival „Jamel rockt den Förster“. Auch Bibliotheken seien verstärkt Angriffen von Rechts ausgesetzt, zeigte sie sich alarmiert.

Herausforderungen und Perspektiven

Die Diskussionen des Abends spannten einen weiten Bogen. Wie lassen sich kulturelle Werte in einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft wirkungsvoll vermitteln? Wie können Kunst- und Kulturschaffende wieder die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen? Hervorgehoben wurden die prekären finanziellen Bedingungen, von denen gerade freie Träger und Kulturschaffende in ländlichen Regionen betroffen sind. Zudem wiesen die Teilnehmenden darauf hin, dass die Vielfalt der Kultur eine einheitliche Interessensvertretung erschwere. Einigkeit bestand darüber, dass kulturelle Bildung bereits in den Schulen beginnen muss. Studien zeigen, dass Fächer wie Kunst, Musik oder Sport positive Effekte auf die Entwicklung von Schüler*innen haben: Sie steigern die Konzentrationsfähigkeit, das Wohlbefinden und die Motivation. Auch der Seniorenbeirat brachte wichtige Aspekte ein und plädierte für eine verbesserte Mobilität, um allen Menschen den Zugang zu Kulturangeboten zu ermöglichen.

Kritik an der Landesregierung wurde zudem laut: Die kulturpolitischen Leitlinien, die die Landesregierung vor vier Jahren in einem breit angelegten Beteiligungsprozess gemeinsam mit Kulturschaffenden erarbeitet hat, seien zu großen Teilen noch immer nicht umgesetzt.

„Kultur muss Pflichtaufgabe werden“

Constanze Oehlrich, Fraktionsvorsitzende, sagte nach der Veranstaltung: „Kultur ist ein Lebensmittel unserer Demokratie. Sie bringt Menschen zusammen, fördert den Diskurs und regt zu kritischem Denken an. Kultur fördert Selbstwirksamkeit und den Wunsch, sich aktiv einzubringen. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Unsicherheiten müssen wir diese Werte stärker denn je verteidigen und fördern.“

Oehlrich forderte konkrete Maßnahmen: „Kultur braucht Wertschätzung, Infrastruktur und Schutz vor rechter Bedrohung. Die Landesregierung muss endlich die kulturpolitischen Leitlinien, die sie gemeinsam mit den Kulturschaffenden des Landes erarbeitet hat, konsequent umsetzen. Um die Kultur in unserem Land langfristig zu sichern und weiterzuentwickeln, sind eine angemessene Bezahlung von Kulturschaffenden und verlässliche Förderstrukturen unverzichtbar. Gleichzeitig brauchen wir den Mut, neue Wege zu gehen. Kultur benötigt Verbündete – in der Politik, der Verwaltung und der Zivilgesellschaft. Sie muss zur Pflichtaufgabe werden, damit Länder und Kommunen sie nicht länger als freiwillige Aufgabe betrachten.“


Hintergrund:

Mecklenburg-Vorpommern ist Heimat von 1.201 Kulturorten, darunter Kirchen, Museen und Bibliotheken. 21 kulturelle Landesverbände sind in allen Kultursparten aktiv und vernetzen sich seit 2020 im Forum Kulturverbände MV. Die Künstlersozialkasse zählte im Januar 2024 insgesamt 1.948 Versicherte aus dem Land. Trotz dieser Vielfalt steht der Kulturbereich vor Herausforderungen, die langfristige Strategien und eine starke politische Unterstützung erfordern.


Constanze Oehlrich MdL
Fraktionsvorsitzende