Silvesternacht 2022 // Oehlrich: Strategien für Gewaltprävention statt schneller Rufe nach Strafverschärfung

„Respekt für Polizei und Rettungskräfte sollte für uns alle eine Selbstverständlichkeit sein. Angriffe wie die, die in der Silvesternacht in Berlin zu beobachten waren, müssen konsequent aufgeklärt und verfolgt werden. Dafür sind die vorhandenen Strafnormen, etwa zu tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte und ihnen gleichgestellte Personen, vollkommen ausreichend.

Mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass die Angriffe der Silvesternacht nun reflexhaft für Forderungen nach Strafverschärfungen genutzt werden. Solche Forderungen gehen an der Realität vorbei. Kriminologische Forschungsergebnisse belegen, dass hohe Strafen für Gewalttaten keine abschreckende Wirkung entfalten, da diese zumeist im Affekt begangen werden.

Wenn es uns um Gewaltprävention bei Jugendlichen geht, wenn es darum geht, Polizei- und Rettungskräfte künftig besser vor Übergriffen zu schützen, müssen wir aus Sicht der Gewaltforschung über ganz andere Dinge nachdenken. Zum Beispiel über die Verstärkung der Sozialarbeit in den Quartieren und eine stärkere Präsenz von Einsatzkräften in Stadtteilen, Schulen und Kindergärten, damit diese nicht mehr nur als Funktionsträger, sondern als Menschen wahrgenommen werden. Außerdem brauchen wir mehr Kompetenz für den Umgang mit Situationen, in denen eine Gruppe plötzlich anfängt, sich zu synchronisieren und gemeinschaftlich in Gewaltverhalten zu kippen. Ein Staat, der nur die Muskeln spielen lässt, wird dem Problem nicht abhelfen.“


Constanze Oehlrich MdL
Rechtspolitische Sprecherin