Salamitaktik beim Containerhafen Świnoujście: Bündnisgrüne kritisieren Umweltprüfung auf Raten und fordern grenzüberschreitende UVP

Die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete Jutta Wegner und die Europaabgeordnete Dr. Hannah Neumann (Fraktion Greens/EFA) üben scharfe Kritik an der Planung zur Fahrrinne für den polnischen Containerhafen Świnoujście. Sie verurteilen die Aufspaltung des Projekts in zwei getrennte Umweltverträglichkeitsprüfungen – zunächst für den Hafenbau, nun für die Fahrrinne – als Verstoß gegen geltendes Umweltrecht und fordern die Landesregierung zum Handeln auf. Wegner hat das Thema gestern im Wirtschaftsausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern eingebracht.

Wegner und Neumann warnen vor ökologischen Schäden an der Ostsee – Landesregierung und EU müssen konsequent handeln

Jutta Wegner kommentiert: „Was in Świnoujście auf polnischer Seite geplant ist, hat ganz konkrete Auswirkungen auf unsere Region – die Ostsee endet schließlich nicht an der Grenze. Die fortschreitende Industrialisierung unserer Küste bereitet mir große Sorgen. Noch dazu ist völlig unklar, ob dieses Projekt wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist. Danzig wurde gerade erst zu einem Mega-Terminal ausgebaut, und die Branche orientiert sich zunehmend an kleineren Schiffen. Da ist es schwer nachzuvollziehen, warum wir jetzt auch noch eine neue Fahrrinne in die Ostsee schlagen sollen.

Umso unverständlicher ist es, dass sich die Landesregierung gestern für nicht zuständig erklärt hat und sich damit aus der Verantwortung ziehen will. Mecklenburg-Vorpommern trägt eine besondere Verantwortung für den Schutz der Ostsee. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie sich im laufenden Verfahren klar positioniert und beim Bund darauf hinwirkt, dass sich Deutschland offiziell beteiligt. Gerade erst hat der Bundesumweltminister bei der derzeit laufenden UN-Ozeankonferenz in Nizza den Zustand der Ostsee als alarmierend beschrieben und stärkere Schutzmaßnahmen gefordert. Es braucht eine vollständige, grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung für das gesamte Projekt – vom Hafen bis zur Fahrrinne. Nur so können die Auswirkungen ehrlich geprüft und öffentlich diskutiert werden.“

Dr. Hannah Neumann ergänzt: „Die EU darf nicht einfach zuschauen, wenn große Infrastrukturprojekte wie dieser Hafenausbau in Świnoujście abschnittsweise geprüft werden, um mögliche Umweltauswirkungen zu verschleiern. Diese Salamitaktik gefährdet besonders die durch Natura-2000 geschützten Lebensräume in der Ostsee und erinnert stark an die umstrittene Vorgehensweise beim Ausbau der Oder.

Die Ostsee gehört zu den empfindlichsten Meeresgebieten in Europa – und sie ist in keinem guten Zustand. Wenn wir ernsthaft an einem besseren Schutz arbeiten wollen, dürfen wir keine Großprojekte durchwinken, deren ökologische Folgen nicht umfassend bewertet wurden. Umso problematischer ist es, dass der Bau der Fahrrinne auch noch mit EU-Geldern unterstützt werden soll. Ich erwarte von der Europäischen Kommission, dass sie sehr genau prüft, ob das mit den Umweltzielen des Green Deals und dem europäischen Recht vereinbar ist. Denn eines ist klar: EU-Fördergelder dürfen nicht für Vorhaben fließen, die unserer Natur dauerhaft schaden.“


Hintergrund und Hinweise:

Stellungnahmen zur Umweltverträglichkeitsprüfung sind bis einschließlich 16. Juni 2025 einzureichen. Die aktuellen Unterlagen zur UVP für die Fahrrinne sind hier einsehbar:
https://www.gdws.wsv.bund.de/SharedDocs/Planfeststellungsverfahren/DE/100_Espoo_Ostsee_Verfahren_Swinemuende.html

Für den Bau der Fahrrinne zum geplanten Tiefsee-Containerterminal in Świnoujście stellt die Europäische Union fast 2,8 Milliarden PLN (entspricht etwa 647 Millionen Euro) aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Kohäsionsfonds bereit. Diese Mittel werden im Rahmen des nationalen Programms „Europäischer Fonds für Infrastruktur, Klima und Umwelt 2021-2027“ (FEnIKS) von Polen verwaltet.

Mehr Informationen in der Antwort der Europäischen Kommission vom 22. April 2024 auf eine schriftliche Anfrage (E-000574/2024) von MdEP Hannah Neumann vom 21. Februar 2024:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2024-000574-ASW_DE.html

Mehr Informationen zum Umweltbescheid für das Containerterminal finden Sie hier:
https://hannahneumann.eu/containerhafen-swinemuende-zweifel-bleiben-trotz-veraendertem-umweltbescheid/


Jutta Wegner MdL
Parlamentarische Geschäftsführerin und wirtschaftspolitische Sprecherin