In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Kindertagespflegestellen in Mecklenburg-Vorpommern um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Ein Blick nach Rostock zeigt einen noch stärkeren Einbruch: Gab es hier 2017 noch 149 Tageseltern, sind es heute nur noch 65. Die Ursachen für den teils gravierenden Rückgang der Kindertagespflege liegen vor allem im finanziellen Bereich. Zahlreiche Rechtsverfahren von Greifswald bis Schwerin zeigen, dass die Tagesmütter und -väter finanziell um ihr Überleben kämpfen. Mit ihrem Antrag „Gleichberechtigung zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege herstellen – landeseinheitliche Rahmenbedingungen und leistungsgerechte Vergütungsstrukturen festlegen“ fordert die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung zum Handeln auf.
„Wunsch- und Wahlrecht der Eltern muss gewahrt bleiben“
Anne Shepley, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für frühkindliche Bildung, begründet die Initiative: „Wir haben tolle Kindertagesstätten und engagierte Erzieher*innen. Für Kleinkinder, die sich in kleineren Gruppen, bei einer liebevollen Tagesmutter und in häuslicher Umgebung wohler fühlen, muss gleichermaßen gesorgt sein. Welche der Einrichtungen ein Kind besuchen sollte, wissen am besten die Eltern. Daher haben sie ein gesetzlich festgeschriebenes Wunsch- und Wahlrecht zwischen einer Kindertagespflege in häuslicher Umgebung und einem Krippenplatz. Angesichts des dramatischen Einbruchs der Angebote in der Kindertagespflege können sie dieses aber vielerorts bereits heute nicht mehr wahrnehmen. Wir fordern die Landesregierung daher auf, nicht länger tatenlos dabei zuzusehen, wie immer mehr Tagesmütter und -väter aufgeben. Das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern muss gewahrt werden.“
Einheitliche Rahmenbedingungen statt Flickschusterei
„Im Sozialgesetzbuch ist eine leistungsgerechte Vergütung gesetzlich festgeschrieben. In Mecklenburg-Vorpommern definiert allerdings jede Kommune für sich, wie viel Geld selbstständige Kindertagespflegestellen für die Betreuung eines Kindes erhalten. Das können bei einem Vollzeitplatz in Rostock 528 Euro pro Kind sein, an der Mecklenburgischen Seenplatte wiederum 797 Euro. Thüringen und das Saarland sind erfolgreiche Beispiele, wie solch ein Flickenteppich und die Ungleichbehandlung innerhalb eines Bundeslandes abgeschafft werden kann. Dort gibt es landeseinheitliche Rahmenbedingungen. Dass dies in MV auch möglich ist, wurde bereits bei einem Expert*innengespräch im Sozialausschuss Ende der letzten Wahlperiode von den Kommunen vorgetragen.“
Hinweise:
Den Antrag der bündnisgrünen Landtagsfraktion „Gleichberechtigung zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege herstellen – landeseinheitliche Rahmenbedingungen und leistungsgerechte Vergütungsstrukturen festlegen” (Drucksache 8/2087) vom 26. April 2023 finden Sie hier.
§ 23 Absatz 2 a Satz 1 SGB VIII besagt: „Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.“