Letzte PUA-Befragung mit Manuela Schwesig // Damm: „Es ist jetzt entscheidend, Lehren aus dieser historischen Fehleinschätzung im Umgang mit Russland zu ziehen“


Mit der Vernehmung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig am Freitag, den 5. Dezember, schließt der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klimastiftung/Nord Stream 2 seine Zeug*innenbefragungen ab. Im kommenden Jahr werden der Abschlussbericht sowie die Voten der Fraktionen vorgelegt und im Landtag debattiert.

Erwartung an Schwesig: Transparenz und Verantwortung

Für Hannes Damm, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat der Untersuchungsausschuss zentrale Erkenntnisse ans Licht gebracht, die sonst verborgen geblieben wären. Er erwartet nun auch von Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) größtmögliche Transparenz: „Von Manuela Schwesig erwarte ich, dass sie echte Verantwortung für ihre gescheiterte Russlandpolitik übernimmt und offen über die tatsächlichen Umstände der Stiftungsgründung spricht. Sie muss endlich den Inhalt ihrer Gespräche mit Gerhard Schröder und vor allem mit Matthias Warnig darlegen. Noch immer fehlt eine überzeugende Erklärung dafür, warum sich die Landesregierung mitten in der Corona-Pandemie auf ein derart waghalsiges und arbeitsintensives Vorhaben wie die Klimastiftung einließ.“

Der Ausschuss habe deutlich gemacht, wie eng die Landesregierung mit der Nord Stream 2 AG kooperierte. Bei allen entscheidenden Schritten folgte das Land den vielfältigen Wünschen der russischen Gazprom-Tochter – von der Genehmigung der Pipeline über die Gründung der Klimastiftung bis hin zu Ausnahmen von EU-Vorgaben für den Betrieb der Gasleitung. Die Verantwortlichen der Nord Stream 2 AG fanden jederzeit direkten Zugang zur Regierungsspitze. Immer wieder gab es Gespräche zwischen Ministerpräsident Erwin Sellering bzw. Ministerpräsidentin Schwesig und hochrangigen Vertreter*innen von Nord Stream 2 wie CEO Matthias Warnig und Verwaltungsratschef Gerhard Schröder. Kein einziges dieser Gespräche wurde protokolliert.

Landtag und Öffentlichkeit wurden bewusst getäuscht

Aus Sicht von Hannes Damm belegen Aktenlage und Zeug*innenaussagen zudem eindeutig, dass Landtag und Öffentlichkeit vor der Gründung der Klimastiftung bewusst getäuscht wurden. Entgegen der Darstellung der Landesregierung gingen Impuls und Zeitplan für die Stiftungsgründung von der Nord Stream 2 AG aus. Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Stiftung erreichten mit mehr als 160 Millionen Euro Umsatz innerhalb weniger Monate eine Dimension, die weit über das hinausging, was das Land öffentlich gemacht hatte. Verschwiegen wurde auch, dass eine private Stiftungsgründung ohne Landesbeteiligung möglich gewesen wäre und zwischen Nord Stream 2 und der Landesregierung bereits abgestimmt war. Weder Parlament noch Öffentlichkeit erfuhren zudem, dass die Sanktionsgefahr für den Fährhafen Sassnitz schon vor der Stiftungsgründung ausgeräumt war und kein anderes heimisches Unternehmen wegen drohender Sanktionen um Unterstützung gebeten hatte.

Damm: „In Wahrheit diente die Stiftung weder dem Klimaschutz noch der Hilfe für regionale Betriebe, sondern in erster Linie dem Schutz der Nord Stream 2 AG selbst, die etwa im Zahlungsverkehr durch Sanktionen stark eingeschränkt war.“

Intransparente Strukturen, fehlende Menschenrechtswerte

Die intransparente Konstruktion der „Quasiregierungsorganisation“ Klimastiftung – so nannte sie ihr Geschäftsführer Steffen Petersen selbst – führte zu weiteren gravierenden Unstimmigkeiten: millionenschwere Aufträge an Verwandte, die Beauftragung ehemaliger Nord-Stream-Ingenieure als vermeintlich unabhängige Sicherheitsgutachter, falsche Informationen an kommunale Gremien bei der Unternehmensansiedlung und ein massiver Skandal um vernichtete Steuerunterlagen. Der Einfluss der Gazprom-Tochter auf den wirtschaftlichen Stiftungsteil war so groß, dass selbst der Stiftungsvorstand nicht wusste, wo sich dessen Geschäftsräume befanden.

Deutlich wurde zudem, dass Menschenrechtsfragen und die Situation der russischen Zivilgesellschaft in den wirtschaftlichen Beziehungen keine Rolle spielten. Bei Reisen nach Russland sprach Ministerpräsidentin Schwesig diese Aspekte nicht an. Weder die Annexion der Krim 2014 noch die Vergiftung von Alexei Nawalny 2020 führten zu einer Neubewertung durch die Landesregierung. Noch drei Wochen vor Kriegsbeginn stand sie voll hinter Nord Stream 2 – trotz der russischen Truppenaufmärsche.

Hannes Damm betont: „Es ist jetzt entscheidend, Lehren aus dieser historischen Fehleinschätzung im Umgang mit Russland zu ziehen. Kein Einsatz für ein einzelnes Wirtschaftsunternehmen oder einen anderen Staat darf jemals wieder zu derart intransparenten Regierungsentscheidungen führen, die klar den Interessen von Nord Stream 2 dienten statt dem Wohl Mecklenburg-Vorpommerns. Wir brauchen strengere Transparenzregeln für das Regierungshandeln und klare Grenzen für Lobbyist*innen wie Gerhard Schröder.“


Hannes Damm MdL
Obmann im PUA Klimastiftung/Nord Stream 2