Tote Kegelrobben // Dr. Terpe „Die Landesregierung ignoriert klare europäische Schutzvorgaben“

Die Antworten der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Dr. Harald Terpe zum Tod von mehr als 40 Kegelrobben im Herbst 2024 werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Ziel der Kleinen Anfrage war es, herauszufinden, welche Versäumnisse dazu geführt haben, dass es zum wiederholten Mal zu einer Todesserie unter den streng geschützten Tieren kam. Rund 20 Prozent der mittleren lokalen Jahrespopulation der Kegelrobben in Mecklenburg-Vorpommern wurden dadurch ausgelöscht.

„44 tote Kegelrobben sind keine Bagatelle. Die Landesregierung versäumt die gezielte systematische Ermittlung der Todesursachen und ignoriert klare europäische Schutzvorgaben. Das ist beunruhigend und zeugt vom kontinuierlichen Versagen beim Schutz der Kegelrobben“, kritisiert Dr. Terpe, umweltpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zwischen September und November 2024 wurden insgesamt 44 tote Kegelrobben an der Ostsee entdeckt – ein trauriges Déjà-vu nach den dramatischen Todesfällen von 2017. Die Todesursachen sind auch nach Monaten ungeklärt. „Die Reusen hätten umgehend auf DNA-Spuren untersucht werden müssen“, erklärt Terpe. „Doch statt sofortiger Sicherstellung von Beweisen und einer gründlichen Untersuchung der Fischreusen, in denen die Robben möglicherweise ertranken, wurden diese erst viel zu spät geprüft.“

Laut Terpe offenbaren die Antworten eine erschreckende Nachlässigkeit bei der Kontrolle von Fanggeräten. „Wie kann es sein, dass eine Reuse, die als potenzieller Verursacher der Todesfälle infrage kommt, entfernt wird, ohne dass die Behörden diese zuvor umfassend untersucht haben? Dass entscheidende Abstriche nur mit Zustimmung des betroffenen Fischers genommen wurden, ist ein Beleg für die mangelnde Durchsetzungskraft der Behörden.“

In den Antworten auf die Kleine Anfrage erklärt die Landesregierung zudem, es bestehe keine Meldepflicht für Beifänge von Kegelrobben. Terpe widerspricht: „Das ist falsch! Nach EU-Recht müssen Beifänge der streng geschützten Kegelrobben gemeldet werden. Mit dieser Relativierung der rechtlichen Vorgaben beweist die Landesregierung einmal mehr, dass sie den Schutz der Kegelrobben nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit verfolgt.“

Besonders kritisch sei, dass die Landesregierung nach der ersten Todesserie 2017 keine Maßnahmen ergriffen habe, um die Gefährdung von Kegelrobben durch Fanggeräte zu verhindern. „Statt sofort wirksame Schutzmaßnahmen umzusetzen, wurde das Problem ignoriert und abgewartet, bis weitere Tiere sterben. Das ist mit dem Schutzauftrag der Landesregierung nicht vereinbar“, so Terpe.

Terpe fordert die Landesregierung auf, endlich mehr Verantwortung für den Schutz der Robben zu übernehmen. Die umfassende und transparente Aufklärung der Todesfälle habe Priorität. Zudem müssen die Kontrolle und Dokumentation von Fanggeräten in Küstengewässern deutlich verbessert und Schutzvorrichtungen, wie etwa Einschwimmsperren an Reusen, verpflichtend umgesetzt werden.


Hinweise:

Nach EU-Fischereirecht besteht eine Meldepflicht für Beifänge geschützter Arten, einschließlich Kegelrobben. Dies ist klar geregelt in mehreren EU-Verordnungen und Richtlinien:

Verordnung (EU) 2019/1241 zur Bewirtschaftung der Fischereiressourcen
Artikel 3 und 4 dieser Verordnung schreiben vor, dass Beifänge geschützter Arten, wie in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie aufgeführt, dokumentiert und gemeldet werden müssen. Dies gilt auch für Kegelrobben.

FFH-Richtlinie (92/43/EWG)
Art. 12 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass unbeabsichtigte Tötungen streng geschützter Arten – wie Kegelrobben – minimiert und dokumentiert werden. Die Mitgliedstaaten müssen regelmäßig Bericht erstatten, was nur durch eine systematische Erfassung von Beifängen möglich ist.

Verordnung (EU) 1380/2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik (CFP)
Diese Verordnung verlangt in Artikel 33 die Berichterstattung über Beifänge, einschließlich geschützter Arten. Sie legt ebenfalls fest, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen müssen, um Beifänge zu reduzieren und Daten über diese Vorfälle zu sammeln.



Kleine Anfrage des bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Dr. Harald Terpe „Erhöhtes Aufkommen von toten Kegelrobben an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns“ inkl. Antwort der Landesregierung (Drucksache 8/4413)


Dr. Harald Terpe MdL
Umweltpolitischer Sprecher