Die heute veröffentlichte Bertelsmann-Studie „Ländermonitoring frühkindliche Bildungssysteme 2024“ zeigt erneut erschreckende Defizite in der Kinderbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern auf. Seit Jahren wird in der Studie kritisiert, dass hierzulande zu viele Kinder von einer einzelnen Erzieherin betreut werden – ein Zustand, der weder den Bedürfnissen der Kinder noch den Ansprüchen an eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung gerecht wird. Bislang hatte Bildungsministerin Oldenburg dies stets damit verteidigt, dass bei uns vor allem gut ausgebildete Fachkräfte in den Kitas arbeiten. Doch die neuen Zahlen zeigen: Selbst dieses Argument hält nicht mehr stand, denn die Landesregierung hat es über Jahrzehnte versäumt, den absehbaren Fachkräftemangel anzugehen. Die Konsequenz: Um den Betrieb der Kitas aufrechtzuerhalten, mussten die Anforderungen an die Qualifikation des Personals gesenkt werden.
Aktuell werden in Mecklenburg-Vorpommern 97 % der Krippenkinder und 94 % der Kindergartenkinder in Gruppen betreut, die nicht den kindgerechten Personalschlüsseln entsprechen. Gleichzeitig verzeichnet das Land mit einem Rückgang des Fachpersonals von 11 % die bundesweit dramatischste Entwicklung. Dieser Rückgang verdeutlicht, dass die bestehenden Rahmenbedingungen nicht nur den Nachwuchs abschrecken, sondern auch viele qualifizierte Erzieher*innen aus dem Beruf drängen.
„Diese Ergebnisse sind ein Alarmsignal“, warnt Jutta Wegner, Parlamentarische Geschäftsführerin und bildungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion. „Die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die emotionale, kognitive und soziale Entwicklung von Kindern. Dass die Realität in unseren Kitas nicht auf reine Verwahrung beschränkt bleibt, ist allein dem unermüdlichen Einsatz der Fachkräfte zu verdanken, die weit über ihre Belastungsgrenzen hinausgehen. Für den Erzieher*innenberuf und die Kinder, die eigentlich kontinuierliche Förderung und Zuwendung benötigen, ist diese Situation jedoch verheerend.“
Kita-Qualitätsoffensive dringend notwendig
Bereits im vergangenen Winter hatte eine Volksinitiative auf die Missstände aufmerksam gemacht, doch der von der bündnisgrünen Landtagsfraktion eingebrachte Antrag für eine Kita-Qualitätsoffensive wurde von den Regierungsfraktionen SPD und DIE LINKE abgelehnt. Stattdessen wurde ein „Perspektivplan“ angekündigt, dessen Ergebnisse jedoch noch ausstehen.
Wegner fordert schnelles Handeln: „Der landesweit festgelegte Mindestpersonalschlüssel muss endlich konsequent und flächendeckend umgesetzt werden. Aktuell sind laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft lediglich ein Drittel der Kitas dem Landesrahmenvertrag beigetreten – ein unhaltbarer Zustand. Um die Betreuungssituation zu verbessern, muss die Fachkraft-Kind-Relation schrittweise angepasst werden: 1 Fachkraft für 4 Krippenkinder, 1 Fachkraft für 10 Kindergartenkinder und 1 Fachkraft für 17 Kinder im Grundschulalter.“
Zudem sei laut Wegner eine grundlegende Überarbeitung der Ausbildungsplatzplanung notwendig, um die Kapazitäten für die Ausbildung von Erzieher*innen deutlich zu erhöhen. „Unsere Kinder haben ein Recht auf gute Betreuung und Förderung. Die Eltern, die tagtäglich arbeiten, müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind. Und die Fachkräfte, die unermüdlich ihr Bestes geben, brauchen endlich faire Arbeitsbedingungen. Wer hier weiter spart, handelt unverantwortlich – gegenüber den Familien, den Fachkräften und unserer Zukunft als Gesellschaft,“ so Wegner abschließend.