Pressemitteilung 08.04.2022

Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU im Landtag Mecklenburg-Vorpommern haben heute den Antrag zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung von Vorgängen der landeseigenen Stiftung „Klima- und Umweltschutz M-V“ eingereicht und auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt.

Schwerin, 08.04.2022

Gemeinsame Pressemitteilung der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU im Landtag Mecklenburg-Vorpommern zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV / Nord Stream 2“

Der Komplex um die Errichtung, Arbeit und geplante Auflösung der Stiftung Klima- und Umweltschutz M-V und die Pipeline Nord Stream 2 ist von Intransparenz und fossilem Lobbyismus geprägt. Die zur Umgehung von US-Sanktionen gegen die Russische Föderation im Januar 2021 vom Land Mecklenburg-Vorpommern begründete Stiftung hatte einen eigentlichen Zweck: die Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2. Als fragwürdiges Rechtskonstrukt agierte sie unter Missbrauch des Klimaschutzgedankens und unter praktisch nicht wahrgenommener Stiftungssaufsicht durch das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU wollen ebenso wie die Öffentlichkeit wissen, wann, wofür und vom wem Gelder zur Stiftung flossen, wie politische Entscheidungen beeinflusst wurden, welche Rolle einzelne Entscheidungsträger spielten und wie tief die Einflussnahme russischer Kreise und der Nord Stream 2 AG tatsächlich reichte.

Daher haben sich die drei Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und CDU gemeinsam zur Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses entschlossen, einen entsprechenden Antrag erarbeitet und heute eingereicht. (pdf im Anhang)

Der Auftrag des Untersuchungsausschusses soll sich erstrecken auf

  • das Verhalten der Landesregierung in Bezug auf den Umgang mit der Pipeline Nord Stream 2 und der Errichtung der landeseigenen Stiftung Klima- und Umweltschutz MV
  • die Tätigkeit wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe und Tochterunternehmen
  • Ziele und Handeln sowie Verbindungen zur sogenannten Wasserstoff-Hanse und anderen Unternehmen
  • die Einflussnahme ehemaliger und aktiver Regierungsmitglieder in den betreffenden Fällen

Dr. Harald Terpe, Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag MV erklärt dazu:

„Rund um die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV und die Pipeline Nord Stream 2 gibt es zu viele offene Fragen, die in parlamentarischen Verfahren wie Kleinen Anfragen bisher nicht ausreichend beantwortet wurden. Sowohl der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Stiftung als auch intransparente Geldflüsse und Interessenskonflikte politischer Entscheidungsträger sind dringend aufzuklären. Die Einflussnahme fossiler Netzwerke aus Gasindustrie und Politik auf Entscheidungen seitens der Landespolitik gilt es transparent herauszuarbeiten. Dafür werden wir einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Instrument der Aufklärung nutzen.“

Renè Domke, Fraktionsvorsitzender der FDP, ergänzt:

„Wie intransparent diese Stiftung ausgestaltet wurde, erleben Abgeordnete mit kleinen Anfragen, mit Regierungsbefragungen, erleben Journalisten, erleben Steuerzahler, erleben Bürgerinnen und Bürger, da eben nicht offen über die Stiftung kommuniziert wird. Bis heute ist uns die Landesregierung eine Antwort auf das Geschäftsgebaren der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV schuldig. Die unsäglichen, sehr intransparenten Geschehnisse im Zusammenhang mit dieser Stiftung sind aufzuarbeiten und aufzuklären. Die Reputation des Landes hat durch die Gründung und Ausgestaltung der Stiftung erheblich gelitten, national wie auch international. Wir haben ein ehrliches Aufklärungsbedürfnis. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist aus Sicht der FDP-Fraktion hier das geeignete Instrument. Das Ziel muss eine Auflösung der Stiftung sein, für uns als Rechtsstaatspartei dann aber rechtlich sauber und gründlich.“

Franz-Robert Liskow, Fraktionsvorsitzender der CDU, führt aus:

„Nach Gründung der Stiftung vor über einem Jahr wurde der Landtag nicht weiter über die Arbeit der Stiftung informiert, schon gar nicht über die Arbeit des Geschäftsbetriebes oder der Geschäftsbetriebe der Stiftung. Entsprechende Kleine Anfragen wurden seitens der Landesregierung inhaltlich nicht beantwortet. Mit ihrer restriktiven Informationspolitik zwingt uns die Landesregierung zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Transparenz ist das Gebot der Stunde, auch und gerade wenn es um die besonderen Beziehungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Russischen Föderation geht.“

Hannes Damm, energiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sagt:

„Weder die Landesregierung von Manuela Schwesig noch die Stiftung unter Vorstand Erwin Sellering scheinen zu echter Aufklärung bereit. Dass lässt sich schon daran erkennen, dass Fragen von Presse und Parlament, statt sie zu beantworten, mit Verweis auf gegenseitige Zuständigkeit hin und her geschoben werden. Allerdings unterliegt auch die Stiftung öffentlichen Auskunftspflichten, weil Sie „öffentliche Aufgaben mit öffentlichen Mitteln übernimmt“, wie das Landgericht Schwerin heute geurteilt hat. Die Ministerpräsidentin übt zudem einen beherrschenden Einfluss auf die Stiftung aus. Aus diesen beiden Gründen kann die Einschätzung das keine Auskünfte erteilt werden müssen, nicht standhalten. Aus den bisher folglich zu dürftigen Antworten auf meine Kleinen Anfragen geht nur hervor, mit welcher Regelmäßigkeit und Selbstverständlichkeit die russische fossile Industrie bei der Landesregierung lobbyiert hat. An konkrete Inhalte der vielen Gesprächsstunden kann sich leider niemand mehr erinnern. Genauso groß klafft die Lücke der Unwissenheit bei der Frage, ob nun Klimaschutzprojekte oder der Bau einer klimaschädlichen Erdgaspipeline der Hauptzweck der von der Landesregierung initiierten Stiftung war. Deshalb ist es notwendig, das Handeln der Stiftung seit der Gründung in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss akribisch aufzuarbeiten.“